Gab es wirklich eine SINTFLUT?  

Themen zur Sintflut

  1. Einführung
  2. Die Polarregionen
  3. Das Wasser - woher?
  4. Das Wasser - wohin?
  5. Datierungsmethoden
  6. Plattentektonik
  7. Vulkanketten/ Hot Spots
  8. Spreizungszentren
  9. Subduktionszonen
  10. Das Mittelmeer war eine Wüste
  11. Spuren der Flut und der Eiszeiten
  12. Missoula - Überflutungen
  13. Zusammenfassung Eiszeit
  14. Hinweise auf Eiszeiten
  15. Bestätigung für die Eiszeiten
  16. Weitere Hinweise auf Eiszeiten
  17. Weitere Probleme
  18. Regen vor der Flut
  19. Kontinentalanhebung
  20. Flutlegenden (1)
  21. Flutlegenden (2)
  22. Zusammenfassung

DIE SINTFLUT
(Teil 21)

Flutlegenden (Fortsetzung)

engl. Original von Alan Feuerbacher


Wie steht es mit der Schöpfungsgeschichte selbst? Ist sie in sich stimmig? Zeugt sie wirklich von einer Inspiration durch Gott? Die allgemeine Übereinstimmung unter nicht-fundamentalistischen Bibelgelehrten geht dahin, sie für in sich widersprüchlich und als das Ergebnis zweier früherer Berichte anzusehen, die durch jüdische Priester des fünften Jahrhunderts v. Chr. zusammengeführt und überarbeitet wurden. Isaac Asimov's In The Beginning 272 [deutsch: "Genesis"] enthält einen umfangreichen Kommentar zu diesem Material. The Noah's Ark Nonsense 273 erklärt das Problem klar und deutlich:

Die Sintflutgeschichte der Genesis ist komplexer als andere Flutberichte. Auf der anderen Seite enthält sie beträchtliche Widersprüche und Ungereimtheiten. Hier folgen einige Beispiele.
[die Bibelzitate aus dem Original sind in der Übersetzung aus der Einheitsübersetzung entnommen]
WIDERSPRÜCHE UND UNGEREIMTHEITEN
1a. Darauf sprach der Herr zu Noah: „ .... Von allen reinen Tieren nimm dir je sieben Paare mit, und von allen unreinen Tieren je ein Paar, auch von den Vögeln des Himmels je sieben Männchen und Weibchen, um Nachwuchs auf der ganzen Erde am Leben zu erhalten“ (7:1a, 2-3).
1b. Da sprach Gott zu Noach: „.... Von allem, was lebt, von allen Wesen aus Fleisch, führe je zwei in die Arche, damit sie mit dir am Leben bleiben; je ein Männchen und ein Weibchen sollen es sein. Von allen Arten der Vögel, von allen Arten des Viehs, von allen Arten der Kriechtiere auf dem Erdboden sollen je zwei zu dir kommen, damit sie am Leben bleiben“ (6:13a, 19-20).
Diese beiden Passagen stimmen eindeutig in der Zahl der mit in die Arche genommenen Vögel und der reinen Tiere nicht überein (reine Tiere sind diejenigen, die zum Essen geeignet sind, siehe Levitikus 11): sieben Paare in 1a und ein Paar in 1b. Diese Passagen unterscheiden sich auch im Begriff für die Gottheit: "der Herr" vs. "Gott."
2a. Der Regen ergoss sich vierzig Tage und vierzig Nächte lang auf die Erde .... Nach vierzig Tagen öffnete Noach das Fenster der Arche, das er gemacht hatte .... Dann wartete er noch weitere sieben Tage .... Er wartete weitere sieben Tage (7:12; 8:6, 10a, 12a).
2b. im sechshundertsten Lebensjahr Noachs, am siebzehnten Tag des zweiten Monats. An diesem Tag brachen alle Quellen der gewaltigen Urflut auf, und die Schleusen der Himmel öffneten sich .... Im sechshundertersten Jahr Noachs, am ersten Tag des ersten Monats, hatte sich das Wasser verlaufen ...Am siebenundzwanzigsten Tag des zweiten Monats war die Erde trocken. Das sagte Gott zu Noach: „Komm heraus aus der Arche ....“ (7:11; 8:13a, 14-16a).
Diese beiden Passagen widersprechen einander in der Dauer der Sintflut. In 2a verstrich von der Zeit, als die Flut einsetzte, bis zu der Zeit als Noah die Arche verliess, nur eine Gesamtzeit von 54 Tagen (40 plus 7 plus 7). In 2b entsprach dieser Zeitraum jedoch einem Sonnenjahr. Die Periode scheint mehr als ein Jahr zu sein (ein Jahr und zehn Tage), aber nur deswegen, weil die Zeit hier in den Begriffen des alten, im Nahen Osten gebräuchlichen Mondjahres angegeben wird. 28
28. Wie in diesen Ausschnitten gesagt wird, erstreckte sich die Zeitperiode vom sechshundersten Lebensjahr Noachs, dem zweiten Monat, siebzehnter Tag, bis zum sechhundertersten Jahr, zweiten Monat, siebenundzwanzigster Tag. Das "Jahr" ist ein Mondjahr (12 Monate mit je 29 1/2 Tagen) plus 11 zusätzliche Tage (gemäss dem alten Brauch, sowohl den ersten als auch den letzten Tag mitzuzählen [den 17. und 27.]). Dies ergibt 365 Tage, also ein Sonnenjahr. Siehe auch Cassuto, Band 2, S. 113 [Umberto Cassuto, A Commentary on the Book of Genesis].
Biblische Fundamentalisten verschliessen vor diesen Widersprüchen entweder die Augen oder versuchen die Verse so zu interpretieren, dass die Widersprüche beseitigt sind und die Passagen miteinander harmonisieren. Eine solche Vorgehensweise schlägt fehlt, weil sie die Textbedeutung verzerrt. Jedes der beiden Mittel - indem entweder Teile des Textes ignoriert werden oder indem man Teile des Textes uminterpretiert - führt gewöhnlich zur Fehldarstellung des Textes.
DIE ENTDECKUNG DER QUELLEN
Der einzige Weg, die Ursache der Ungereimtheiten zu verstehen, ist der, anzuerkennen, dass wir es mit einen Beispiel einer alten, zusammengesetzten Literatur zu tun haben. Zwei getrennt niedergeschriebene Quellen wurden zusammengefasst; das heisst, zwei Quellen, oder Extrakte aus zwei Quellen, wurden miteinander zu einem Ereignis verwoben, aber ohne sie umzuschreiben, ohne den Wortschatz, den Stil und die Ideen miteinander zur Deckung zu bringen. Eine solche Zusammenfassung hat unweigerlich zur Folge, dass Widersprüche, Ungereimtheiten und manchmal Verdopplungen entstehen. Die alte Literatur des Nahen Ostens, einschliesslich der hebräischen, wiederholte jedoch oft Ideen, und demnach weist eine Duplizität des Gedanken nicht notwendigerweise auf mehrere Verfasser hin. Auf der anderen Seite wird die Wiederholung einer Begebenheit meistens durch eine Zusammenfassung verursacht. Zusammengesetzte Literatur war in der Antike sehr weit verbreitet, und ein grosser Verdienst der modernen Bibelkritik besteht in der Erkenntnis, dass grosse Teile des Alten Testaments und des Neuen Testaments solche Komposita sind.
Die gleichen beiden Quellen, die für die Sintflutgeschichte verwendet werden, findet man auch im ganzen Pentateuch, wo sie mit anderem Quellenmaterial kombiniert wurden. Das Vorhandensein schriftlicher Quellen im Schöpfungsbericht wurde erstmals gesehen, als 1711 B. Witter die Bedeutung der verschiedenen Ausdrücke für Gott erkannte. Allmählich entdeckten Bibelgelehrte im Pentateuch mehr und mehr Beweise für frühere Quellen und ein späteres Redigieren. Die berühmte Graf-Wellhausen-Hypothese ordnete den Hauptquellen Buchstaben zu: J, E, P und D. Auch wenn die Hypothese revidiert und verfeinert werden musste, so ist sie grundsätzlich doch solide. Orthodoxe Juden und Christen greifen sie an, weil sie die traditionelle Ansicht, dass Moses der Verfasser des Pentateuch ist, umstösst, aber die Beweise für die schriftlichen Quellen sind sehr überzeugend. Die Widersprüche, Verdopplungen und linguistischen Ungereimtheiten können vernünftigerweise nicht als Werk eines einzigen Autors erklärt werden. 273a
Die oben in der "a"-Kategorie zitierten Passagen (1a, 2a) stammen aus der J-Quelle, in der für Gott der Begriff "der Herr" gebraucht wird. Die Passagen in der "b"-Kategorie stammen aus der P-Quelle, in der der Begriff "Gott" verwendet wird. J wurde im zehnten oder möglicherweise im neunten Jahrhundert geschrieben, aber das Datum von P fällt in das sechste Jahrhundert oder später - P wurde während einer grösseren Zeitspanne verfasst. J war ein erzählerisches Dokument, in dem die Geschichten chronologisch angeordnet waren. P wurde von hebräischen Priestern hervorgebracht, um ihre Religion zu verbreiten.
Verdopplungen sind ein weiterer Beweis dafür, dass es für die Sintflutgeschichte der Genesis zwei Quellen gegeben haben muss. Drei Begebenheiten sind ganz deutlich: (1) Noach wird gesagt, wen und was er mit an Bord nehmen sollte (7:1-5, J; 6:18-22, P). (2) Die Sintflut beginnt (7:10, J; 7:11, P). (3) Die Gottheit verspricht, sie nicht zu wiederholen (8:21-22, J; 9:8-11, P).
Die Beweise bilden ein Muster: die gleiche Passage, die eine Verdopplung oder einen Widerspruch enthält oder die den Fluss der Geschichte unterbricht, zeigt gewöhnlich eine unterschiedliche Wortwahl, insbesondere sichtbar in der Wortwahl für Gott.
Wenn wir die Sintflutgeschichte in der Bibel im Vergleich zu anderen Flutgeschichten verstehen wollen, müssen wir sie erst in zwei getrennte Berichte auftrennen und jede für sich sprechen lassen. Die traditionelle Praxis, sie als einen gemeinsamen Bericht anzusehen, verdeckt auf der anderen Seite die unterschiedlichen Charakteristika der beiden Berichte und gibt ein verzerrtes Bild der Geschichte wider, wie sie die Hebräer ursprünglich meinten.
Unten folgt eine Rekonstruktion der beiden Quellen in der Revised Standard Version, gemäss einer Analyse von Professor Speiser.29 "R" weist entweder auf eine Einfügung durch einen Redakteur (Herausgeber) oder eine spätere Anmerkung eines Abschreibers hin. [Der englischen Revised Standard Version wird im folgenden der Text der Einheitsübersetzung gegenübergestellt und die Anmerkungen in diese Ausgabe eingefügt, d. Übers,]
29. E. A. Speiser, Genesis, S. 47-50. [Band 1 der Anchor Bible-Serie]

DIE SINTFLUTGESCHICHTE IN J
 
Revised Standard Version Einheitsübersetzung
The Lord saw that the wickedness of man was great in the earth, and that every imagination of the thoughts of his heart was only evil continually. And the Lord was sorry that he had made man on the earth, and it grieved him to his heart. So the Lord said, „I will blot out man whom I have created from the face of the ground, man and beast and creeping things and birds of the air, for I am sorry that I have made them.“ But Noah found favor in the eyes of the Lord (6:5-8). Der Herr sah, dass auf der Erde die Schlechtigkeit des Menschen zunahm und dass alles Sinnen und Trachten seines Herzens immer nur böse war. Da reute es den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh. Der Herr sagte: Ich will den Menschen, den ich erschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, mit ihm auch das Vieh, die Kriechtiere und die Vögel des Himmels, denn es reut mich, sie gemacht zu haben. Nur Noach fand Gnade in den Augen des Herrn (6:5-8)..
Then the Lord said to Noah, „Go into the ark, you and all your household, for I have seen that you are righteous before me in this generation. Take with you seven pairs of all clean animals, the male and his mate; and a pair of the animals that are not clean, the male and his mate; and seven pairs of the birds of the air also, male and female, to keep their kind alive upon the face of all the earth. For in seven days I will send rain upon the earth forty days and forty nights; and every living thing that I have made I will blot out from the face of the ground.“ And Noah did all that the Lord had commanded him. (7:1-5). Darauf sprach der Herr zu Noach: Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus, denn ich habe gesehen, dass du unter deinen Zeitgenossen vor mir gerecht bist. Von allen reinen Tieren nimm dir je sieben Paare mit, und von allen unreinen Tieren je ein Paar, auch von den Vögeln des Himmels je sieben Männchen und Weibchen, um Nachwuchs auf der ganzen Erde am Leben zu erhalten. Denn noch sieben Tage dauert es, dann lasse ich es vierzig Tage und vierzig Nächte lang auf die Erde regnen und tilge vom Erdboden alle Wesen, die ich gemacht habe. Noach tat alles, was ihm der Herr aufgetragen hatte (7:1-5).
And Noah and his sons and his wife and his sons' wives with him went into the ark, to escape the waters of the flood. (Of clean animals, and of animals that are not clean, and of birds, and of everything that creeps on the ground, (two and two, [R]) male and female, went into the ark with Noah [R; Speiser overlooked this gloss, suggested by 6:22 and 7:16]). And after seven days the waters of the flood came upon the earth (7:7-10). Noach ging also mit seinen Söhnen, seiner Frau und den Frauen seiner Söhne in die Arche, bevor das Wasser der Flut kam. (Von den reinen und unreinen Tieren, von den Vögeln und allem, was sich auf dein Erdboden regt, kamen (immer zwei [R]) zu Noach in die Arche, Männchen und Weibchen, wie Gott dem Noach aufgetragen hatte [R; Speiser übersah diese Anmerkung, die durch 6:22 und 7:16 bestätigt wird ). Als die sieben Tage vorbei waren, kam das Wasser der Flut über die Erde(7:7-10).
And rain fell upon the earth forty days and forty nights (7:12). Der Regen ergoss sich vierzig Tage und vierzig Nächte lang auf die Erde (7:12).
And the Lord shut him in. The flood continued forty days upon the earth [Speiser assigns part of this clause to P]; and the waters increased, and bore up the ark, and it rose high above the earth (7:16c-17). Dann schloss der Herr hinter ihm zu. Die Flut auf der Erde dauerte vierzig Tage. [Speiser schreibt einen Teil dieses Satzes P zu] Das Wasser stieg und hob die Arche immer höher über die Erde (7:16c-17).
Everything on the dry land in whose nostrils was the breath of life died. He blotted out every living thing that was upon the face of the ground, man and animals and creeping things and birds of the air; they were blotted out from the earth. Only Noah was left, and those that were with him in the ark (7:22-23). Alles, was auf der Erde durch die Nase Lebensgeist atmete, kam um. Gott vertilgte also alle Wesen auf dem Erdboden, Menschen, Vieh, Kriechtiere und die Vögel des Himmels, sie alle wurden vom Erdboden vertilgt. Übrig blieb nur Noach und was mit ihm in der Arche war (7:22-23).
The rain from the heavens was restrained, and the waters receded from the earth continually (8:2b-3a). Der Regen vom Himmel liess nach, und das Wasser verlief sich allmählich von der Erde (8:2b-3a).
At the end of forty days Noah opened the window of the ark which he had made, and sent forth a raven; and it went to and fro until the waters were dried up from the earth. Then he sent forth a dove from him, to see if the waters had subsided from the face of the ground; but the dove found no place to set her foot, and she returned to him to the ark, for the waters were still on the face of the whole earth. So he put forth his hand and took her and brought her into the ark with him. He waited another seven days, and again he sent forth the dove out of the ark; and the dove came back to him in the evening, and lo, in her mouth a freshly plucked olive leaf; so Noah knew that the waters had subsided from the earth. Then he waited another seven days, and sent forth the dove; and she did not return to him any more (8:6-12). Nach vierzig Tagen öffnete Noach das Fenster der Arche, das er gemacht hatte, und liess einen Raben hinaus. Der flog aus und ein, bis das Wasser auf der Erde vertrocknet war. Dann liess er eine Taube hinaus, um zu sehen, ob das Wasser auf der Erde abgenommen habe. Die Taube fand keinen Halt für ihre Füsse und kehrte zu ihm in die Arche zurück, weil über der ganzen Erde noch Wasser stand. Er streckte seine Hand aus und nahm die Taube wieder zu sich in die Arche. Dann wartete er noch weitere sieben Tage und liess wieder die Taube aus der Arche. Gegen Abend kam die Taube zu ihm zurück, und siehe da: In ihrem Schnabel hatte sie einen frischen Olivenzweig. Jetzt wusste Noach, dass nur noch wenig Wasser auf der Erde stand. Er wartete weitere sieben Tage und liess die Taube noch einmal hinaus. Nun kehrte sie nicht mehr zu ihm zurück (8:6-12).
And Noah removed the covering of the ark, and looked, and behold, the face of the ground was dry (8:13b). Da entfernte Noach das Verdeck der Arche, blickte hinaus, und siehe: Die Erdoberfläche war trocken (8:13b).
Then Noah built an altar to the Lord, and took of every clean animal and of every clean bird, and offered burnt offerings on the altar. And when the Lord smelled the pleasing odor, the Lord said in his heart, „I will never again curse the ground because of man, for the imagination of man's heart is evil from his youth; neither will I ever again destroy every living creature as I have done. While the earth remains, seedtime and harvest, cold and heat, summer and winter, day and night, shall not cease“ (8:20-22). Dann baute Noach dem Herrn einen Altar, nahm von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln und brachte auf dem Altar Brandopfer dar. Der Herr roch den beruhigenden Duft, und der Herr sprach bei sich: Ich will die Erde wegen des Menschen nicht noch einmal verfluchen; denn das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an. Ich will künftig nicht mehr alles lebendige vernichten, wie ich es getan habe. Solange die Erde besteht, sollen nicht aufhören Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht (8:20-22).

 
DIE SINTFLUTGESCHICHTE IN P
 
Revised Standard Version Einheitsübersetzung
These are the generations of Noah. (Noah was a righteous man, blameless in his generation; Noah walked with God [R].) And Noah had three sons, Shem, Ham, and Japheth. Now the earth was corrupt in God's sight, and the earth was filled with violence. And God saw the earth, and behold, it was corrupt; for all flesh had corrupted their way upon the earth. And God said to Noah, „I have determined to make an end of all flesh; for the earth is filled with violence through them; behold, I will destroy them with the earth. Make yourself an ark of gopher wood; make rooms in the ark, and cover it inside and out with pitch. This is how you are to make it: the length of the ark three hundred cubits, its breadth fifty cubits, and its height thirty cubits. Make a roof [Speiser: sky light] for the ark, and finish it to a cubit above; and set the door of the ark in its side; make it with lower, second, and third decks. For behold, I will bring a flood of waters upon the earth, to destroy all flesh in which is the breath of life from under heaven; everything that is on the earth shall die. But I will establish my covenant with you; and you shall come into the ark, you, your sons, your wife, and your sons' wives with you. And of every living thing of all flesh, you shall bring two of every sort into the ark, to keep them alive with you; they shall be male and female. Of the birds according to their kinds, and of the animals according to their kinds, of every creeping thing of the ground according to its kind, two of every sort shall come in to you to keep them alive. Also take with you every sort of food that is eaten, and store it up; and it shall serve as food for you and for them.“ Noah did this; he did all that God commanded him (6:9-22). Das ist die Geschlechterfolge nach Noach. (Noach war ein gerechter, untadeliger Mann unter seinen Zeitgenossen; er ging seinen Weg mit Gott [R]). Noach zeugte drei Söhne, Sem, Ham und Jafet. Die Erde aber war in Gottes Augen verdorben, sie war voller Gewalttat. Gott sah sich die Erde an. Sie war verdorben: denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben. Da sprach Gott zu Noach: Ich sehe, das Ende aller Wesen aus Fleisch ist da; denn durch sie ist die Erde voller Gewalttat. Nun will ich sie zugleich mit der Erde verderben. Mach dir eine Arche aus Zypressenholz! Statte sie mit Kammern aus, und dichte sie innen und aussen mit Pech ab! So sollst du die Arche bauen: Dreihundert Ellen lang, fünfzig Ellen breit und dreissig Ellen hoch soll sie sein. Mach der Arche ein Dach [Speiser: Oberlicht], und hebe es genau um eine Elle nach oben an! Den Eingang der Arche bring an der Seite an! Richte ein unteres, ein zweites und ein drittes Stockwerk ein! Ich will nämlich die Flut über die Erde bringen, um alle Wesen aus Fleisch unter dem Himmel, alles, was Lebensgeist in sich hat, zu verderben. Alles auf Erden soll verenden. Mit dir aber schliesse ich meinen Bund. Geh in die Arche, du, deine Söhne, deine Frau und die Frauen deiner Söhne! Von allem, was lebt, von allen Wesen aus Fleisch, führe je zwei in die Arche, damit sie mit dir am Leben bleiben; je ein Männchen und ein Weibchen sollen es sein. Von allen Arten der Vögel, von allen Arten des Viehs, von allen Arten der Kriechtiere auf dem Erdboden sollen je zwei zu dir kommen, damit sie am Leben bleiben. Nimm dir von allem Essbaren mit, und leg dir einen Vorrat an! Dir und ihnen soll es zur Nahrung dienen. Noach tat alles genau so, wie ihm Gott aufgetragen hatte (6:9-22).
Noah was six hundred years old when the flood of waters came upon the earth (7:6). Noach war sechshundert Jahre alt, als die Flut über die Erde kam (7:6).
In the six hundredth year of Noah's life, in the second month, on the seventeenth day of the month, on that day all the fountains of the great deep burst forth, and the windows of the heavens were opened (7:11). .... im sechshundertsten Lebensjahr Noachs, am siebzehnten Tag des zweiten Monats. An diesem Tag brachen alle Quellen der gewaltigen Urflut auf; und die Schleusen des Himmels öffneten sich (7:11).
On the very same day Noah and his sons, Shem and Ham and Japheth, and Noah's wife and the three wives of his sons with them entered the ark, they and every beast according to its kind, and all the cattle according to their kinds, and every creeping thing that creeps on the earth according to its kind, and every bird according to its kind, every bird of every sort. They went into the ark with Noah, two and two of all flesh in which there was the breath of life. And they that entered, male and female of all flesh, went in as God had commanded him (7:13-16b). Genau an jenem Tag waren Noach, die Söhne Noachs, Sem, Ham und Jafet, Noachs Frau und mit ihnen die drei Frauen seiner Söhne in die Arche gegangen, sie und alle Arten der Tiere, alle Arten des Viehs und alle Arten der Kriechtiere, die sich auf der Erde regen, und alle Arten der Vögel, des fliegenden Getiers. Sie waren zu Noach in die Arche gekommen, immer zwei von allen Wesen aus Fleisch, in denen Lebensgeist ist. Von allen Tieren waren Männchen und Weibchen gekommen, wie Gott ihm aufgetragen hatte (7:13-16b).
The waters prevailed and increased greatly upon the earth; and the ark floated on the face of the waters. And the waters prevailed so mightily upon the earth that all the high mountains under the whole heaven were covered; the waters prevailed above the mountains, covering them fifteen cubits deep. And all flesh died that moved upon the earth, birds, cattle, beasts, all swarming creatures that swarm upon the earth, and every man (7:18-21). Das Wasser schwoll an und stieg immer mehr auf der Erde, die Arche aber trieb auf dem Wasser dahin. Das Wasser war auf der Erde gewaltig angeschwollen und bedeckte alle hohen Berge, die es unter dem ganzen Himmel gibt. Das Wasser war fünfzehn Ellen über die Berge hinaus angeschwollen und hatte sie zugedeckt. Da verendeten alle Wesen aus Fleisch, die sich auf der Erde geregt hatten, Vögel, Vieh und sonstige Tiere, alles, wovon die Erde gewimmelt hatte, und auch alle Menschen (7:18-21).
And the waters prevailed upon the earth a hundred and fifty days. But God remembered Noah and all the beasts and all the cattle that were with him in the ark. And God made a wind blow over the earth, and the waters subsided; the fountains of the deep and the windows of the heavens were closed (7:24-8:2a). Das Wasser aber schwoll hundertfünfzig Tage lang auf der Erde an. Da dachte Gott an Noach und an alle Tiere und an alles Vieh, das bei ihm in der Arche war; Gott liess einen Wind über die Erde wehen und das Wasser sank. Die Quellen der Urflut und die Schleusen der Himmel schlossen sich (7:24-8:2a).
At the end of a hundred and fifty days the waters had abated; and in the seventh month, on the seventeenth day of the month, the ark came to rest upon the mountains of Ararat. And the waters continued to abate until the tenth month; in the tenth month, on the first day of the month, the tops of the mountains were seen (8:3b-5). So nahm das Wasser nach hundertfünfzig Tagen ab. Am siebzehnten Tag des siebten Monats setzte die Arche im Gebirge Ararat auf. Das Wasser nahm immer mehr ab, bis zum zehnten Monat. Am ersten Tag des zehnten Monats wurden die Berggipfel sichtbar (8:3b-5).
In the six hundred and first year, in the first month, the first day of the month, the waters were dried from off the earth (8:13a). Im sechshundertsten Jahr Noachs, am ersten Tag des ersten Monats, hatte sich das Wasser verlaufen (8:13a).
In the second month, on the twenty-seventh day of the month, the earth was dry. Then God said to Noah, „Go forth from the ark, you and your wife, your sons and your sons' wives with you. Bring forth with you every living thing that is with you of all flesh (birds and animals and every creeping thing that creeps on the earth [R; Speiser assigns this to P]) that they may breed abundantly on the earth, and be fruitful and multiply upon the earth.“ So Noah went forth, and his sons and his wife and his son's wives with him. And every beast, every creeping thing, and every bird, everything that moves upon the earth, went forth by families out of the ark (8:14-19). Am siebenundzwanzigsten Tag des zweiten Monats war die Erde trocken. Da sprach Gott zu Noach: Komm heraus aus der Arche, du, deine Frau, deine Söhne und die Frauen deiner Söhne! Bring mit dir alle Tiere heraus, alle Wesen aus Fleisch, (die Vögel, das Vieh und alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen [R; Speiser schreibt dies P zu]). Auf der Erde soll es von ihnen wimmeln; sie sollen fruchtbar sein und sich auf der Erde vermehren. Da kam Noach heraus, er, seine Söhne, seine Frau und die Frauen seiner Söhne. Auch alle Tiere kamen, nach Gattungen geordnet, aus der Arche; die Kriechtiere, die Vögel. alles, was sich auf der Erde regt (8:14-19).
And God blessed Noah and his sons, and said to them, „Be fruitful and multiply, and fill the earth“ (9:1). Dann segnete Gott Noach und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, und bevölkert die Erde (9:1).

....
CHARAKTERISTIKA VON J
Zwei der auffälligsten Eigenheiten von J, die in P nicht enthalten sind, wurden bereits erwähnt: "der Herr" als Name Gottes, und die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Tieren, eine alte Unterscheidung in der hebräischen und in anderen Religionen. Auch die Zahlen sieben und vierzig sind für J charakteristisch. Sieben war im Nahen Osten eine beliebte Zahl, wegen der sieben Planeten und der sieben Wochentage. "Vierzig Tage" kommt oftmals in der Bibel vor. Das hebräische Word geshem, "heftiger Regen", ist eine andere linguistische Eigenart der Sintflutgeschichte in J. In J sandte Noach Vögel aus, nachdem der Regen aufgehört hatte. Die Arche hatte anscheinend kein Fenster, und um zu sehen, ob der Erdboden wieder trocken war, musste Noach das Dach der Arche entfernen. Danach baute Noach einen Altar und opferte ein riesiges Brandopfer, das aus einigen Tieren aller reinen Arten und aller reinen Vögel bestand. Diese Eigenart zeigt, dass der Autor oder die Autoren von J das hebräische ritualistische Gesetz fördern wollten ....
CHARAKTERISTIKA VON P
P's priesterliche Autoren waren sehr daran interessiert, Genealogien zu verfassen; deswegen erscheint in P oftmals das Wort "Geschlecht". In der Sintflutgeschichte kommt das Wort in Genesis 6:9 vor.
Nur P gibt detaillierte Masse für den Bau der Arche. Die Dimensionen werden in hebräischen Kubits angeführt: ungefähr 150 m lang, 25 m breit und 15 cm hoch ....
Das Dokument P ist es, das den Landeort der Arche anführt: "dem Gebirge Ararat". Wie wir gesehen haben, liegt hier eine gewisse Verbindung mit der Version der Flutgeschichte von Hurrian vor. Zieht man jedoch das späte Datum von P in Betracht, so kann es sein, dass ihre priesterlichen Verfasser davon indirekt durch eine andere Gruppe gehört haben könnten.
Die Bundesidee war für die hebräische Religion sehr charakteristisch. Dementsprechend interpretierten die priesterlichen Verfasser das Versprechen Gottes (eine solche Flut nie wieder zu senden) als einen Bund zwischen Gott und Noach sowie seine Nachfahren. Sie machten den Regenbogen zum Zeichen für diesen Bund.
Die Situation nach der Flut war ähnlich wie nach der Schöpfung: nur wenige Menschen waren auf der Erde, um für den Erhalt der menschlichen Rasse zu sorgen. Deswegen stellten die priesterlichen Verfasser Gott so dar, dass er in beiden Situationen den gleichen Auftrag gab. Er sagte zu Noach und seinen Söhnen (9:1) sowie zu Adam und Eva (1:28), „seid fruchtbar, und vermehrt euch, und bevölkert die Erde“. Die gleichen Autoren benutzten den Ausdruck"gemäss seiner Art" sowohl in der Schöpfungs- als auch in der Sintflutgeschichte. (1:25; 7:14).

Der Autor von The Noah's Ark Nonsense zeigt daraufhin die Parallelen der beiden Genesisberichte mit den frühen sumerischen Berichten auf, dem Gilgamesch-Epos und verschiedenen anderen alten Flutlegenden.

Viele Jahre lang waren mir schon die vielen Brüche im Gedankenfluss der Genesis-Geschichten aufgefallen (wobei ich gewöhnlich die Neue Welt-Übersetzung verwendet hatte), die unnötigen Wiederholungen von Ereignissen, die Stellen, wo der Bericht klar anführt, dass zwei von jeder Tierart in die Arche gingen, im Gegensatz zu den Stellen, die besagen, dass es sieben reine und zwei unreine Tiere waren, sowie andere Probleme. Wie aus den obigen Ausführungen über die J- und P-Dokumente hervorgeht, ist nun klar, wo das Problem herrührt - es gibt zwei verschiedene Berichte in der Genesis, die nicht miteinander harmonisiert worden sind. Man beachte, wie sich der Fluss der Geschichten gegenüber der eingearbeiteten Form wesentlich verbessern, wenn man die beiden einzelnen Berichte auseinanderdividiert.

Hier folgen noch einige weitere Probleme. Warum sagt zum Beispiel 1. Mose 8:5 (Neue Welt-Übersetzung):

So geschah es, dass Noah dann am Ende von vierzig Tagen das Fenster öffnete, das er gemacht hatte.

Der überarbeite und zusammengefasste Bericht in der Genesis lässt nicht klar erkennen, worauf sich das Ende von vierzig Tagen bezieht. Der Ausdruck ergibt nur einen Sinn, wenn man ihn wie oben besprochen erklärt - er ist Teil des J-Dokuments, der die Länge der Flut auf insgesamt 54 Tage festlegt, und die vierzig Tage waren das Ende der vierzig Regentage. Eine andere Übersetzung von Genesis in The Book of J, 274 legt das ganze J-Dokument dar und trägt zur Erklärung der Dinge noch weiter bei.

Ähnlicherweise ist es nicht klar, worauf sich die Abschnitte von 150 Tagen beziehen. Aus verschiedenen Übersetzungen wird nicht klar, ob es einen oder zwei gegeben hat. Klar ist, dass 1. Mose 7:24 bis 8:2 in vielen Übersetzungen doch stets die gleiche Aussage enthält. Die Neue Welt-Übersetzung sagt:

Und die Wasser hatten weiterhin die Oberhand auf der Erde, hundertfünfzig Tage .... und Gott liess einen Wind über die Erde gehen, und die Wasser begannen zu sinken. Und die Quellen der Wassertiefe und die Schleusen der Himmel wurden verstopft, und so wurde der Regenguss aus den Himmeln zurückgehalten.

Die Einheitsübersetzung sagt:

Das Wasser aber schwoll hundertfünfzig Tage lang auf der Erde an .... Gott liess einen Wind über die Erde wehen und das Wasser sank. Die Quellen der Urflut und die Schleusen der Himmel schlossen sich; der Regen vom Himmel liess nach ....

Die Luther-Bibel sagt:

Und das Gewässer stand auf Erden hundertfünfzig Tage .... und [Gott] liess Wind auf Erden kommen, und die Wasser fielen; und die Brunnen der Tiefen wurden verstopft samt den Fenstern des Himmels, und dem Regen vom Himmel ward gewehrt;

Diese Zitate aus dem P-Dokument machen klar, dass der Regen nach 150 Tagen aufhörte, während Gott gemäss 1. Mose 7:4, 12, das dem J-Dokument zuzuordnen ist, sagt (Neue Welt-Übersetzung):

.... dann lasse ich es vierzig Tage und vierzig Nächte lang auf die Erde regnen .... und der Regen ergoss sich vierzig Tage und vierzig Nächte auf die Erde.

Die Gesellschaft macht keinen Versuch - ich konnte wenigstens keinen entdecken - eines der oben angeführten Probleme zu besprechen. 1. Mose 8:5 wird in keinem der Indexe der Wachtturmpublikationen von 1930 - 1995 referenziert. Dieser Vers glänzt auffälligerweise durch Abwesenheit. Den verschiedenen Zeitperioden, die in der Genesis erwähnt werden - die 40 Tage, die 150 Tage und die Daten des Monates - mangelt eine gewisse Verbundenheit untereinander, was es schwierig macht, den Zahlenangaben einen Sinn zu verleihen, und die Gesellschaft weist auf keines dieser Probleme hin. Selbst das Hilfe- und das Einsichten-Buch unternehmen keinen Versuch, diese Zeitangaben miteinander in Einklang zu bringen, sondern sie legen nur die Angaben dar, die einen Sinn ergeben. Versuche selbst zu entziffern, was es mit diesen Zeitangaben auf sich hat. Du wirst schnell erkennen, was ich damit gemeint habe.


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Fussnoten:

272  Isaac Asimov, op cit. [zurück]
273  Howard M. Teeple, The Noah's Ark Nonsense, S. 41-52, Religion and Ethics Institute, Inc., Evanston, Illinois, 1978. [zurück]
273a Einen interessanten Standpunkt zum J-Dokument enthält das Buch The Book of J (Harold Bloom and David Rosenberg, Grove Weidenfeld, New York, 1990). Das folgende Zitat aus diesem Buch gibt einen Eindruck über die Ideenwelt des Autors und wirft auch Licht auf die Gründe, wieso viele Bibelgelehrte in den fünf Büchern, die Moses zugeschrieben werden, mehrere ursprüngliche Quellen sehen, die miteinander verwoben sind.

Vor rund dreitausend Jahren schrieb in Jerusalem ein unbekannter Autor eine Arbeit, die seitdem das geistige Bewusstsein eines grossen Teils der Welt geprägt hat. Wir besitzen nur einen fragmentarischen Text dieses Buches, der innerhalb der Bücher eingebaut sind, das wir als Genesis, Exodus und Numeri kennen, also drei Teilen der Thora oder der fünf Bücher Mose. Da wir die Umstände nicht kennen, unter denen diese Arbeit verfasst wurde, und auch nicht dessen Zweck, müssen wir uns letztlich auf unsere Erfahrung als Leser verlassen, um unsere Vermutungen darüber, was das, was wir lesen, bedeuten soll, zu bestätigen. [S. 9]
Meine .... Annahme ist, dass J nicht ein professioneller Autor war, sondern eher ein ausserordentlich begabtes, hochgestelltes Glied der Elite Salomons, jemand Aufgeklärter mit einem ironischen Zug. Aber meine primäre Vermutung besteht darin, dass J eine Frau war, und dass sie den Bericht als Frau für ihre Zeitgenossen schrieb, in freundlichem Wettbewerb mit ihrem einzigen starken Rivalen unter ihren Zeitgenossen, dem männlichen Autor der Geschichten in 2. Samuel über die Regierungsangelegenheiten .... Ich möchte versuchen, meine Haltung eines durch viele Jahre des Lesens gewachsenen Erstaunens über die Unterschiede zwischen dem J-Dokument und allen anderen biblischen Autoren, zu erklären. [S. 9-10]
.... das J-Buch ist, auch wenn es fragmentarisch bleibt, kaum David Rosenbergs oder meine eigene Schöpfung. Ich habe nur das Buch J aus seinem Zusammenhang in der redigierten Thorah gelöst und dann gelesen, was übrig bleibt und was die beste und tiefsinnigste Dichtung in der hebräischen Bibel ist. Was sichtbar wird, ist ein Autor, der nicht so sehr verlorengegangen ist sondern eher vor uns durch normative Moralisten und Theologen verborgen geblieben ist, die mit uns Ziele verfolgen und verfolgten, die mit der J-Vision unvereinbar sind.
[Es gibt] einen tieferen Grund, die Bibel als eine Bibliothek literarischer Texte anzusehen, wie es für mich und viele andere Leser der Fall ist. Jahwe bleibt in verwandelten Formen der Gott der Kinder Abrahams, gläubiger Juden, Christen und Moslems. Aber Jahwe ist im Buch J eine literarische Figur, genau wie es Hamlet [in einem Drama von Shakespeare] ist. Wenn die Geschichte der Religion ein Prozess ist, eine Form der Anbetung aus poetischen Geschichten auszuwählen, ist im Westen diese Geschichte noch extravaganter: es ist die Anbetung eines ausserordentlich eigenwilligen und unheimlichen literarischen Charakterperson, J's Jahwe, in vielfältig veränderter und revidierter Form ... Ich bin weder ein Glaubender noch ein Geschichtswissenschaftler, aber das Dilemma, das ich zitiere, scheint genauso gut meines wie ihres zu sein. Warum versucht Jahwe, Moses zu ermorden? Wie kann Gott unter den Eichenbäumen Mamres sitzen und geröstetes Kalb und Käse verzehren? Was können wir mit einem Höchsten Wesen anfangen, das am Sinai beinahe durchdreht und uns warnt, dass er gegen die Menge vorgehen wird, die ihm eindeutig grosses Missfallen bereiten? [S. 12]

Die grösste Voraussetzung, von der nahezu alle Bibelschreiber ausgehen, ist die, dass es sich dabei um ein theologisches Werk handelt, und darüber hinaus eher nebenbei noch historisch sowie literarisch. J war kein Theologe und geradezu absichtlich kein Historiker .... Das Buch von J passt in keine Gattung, obwohl es die Gattung begründete, der auch die Autoren der E, P und D-Texte zu folgen versuchte. J erzählt Geschichten, porträtiert theomorphische Männer und Frauen, verbindet Mythen mit der Geschichte und gibt dadurch, ohne es direkt auszusprechen, die bedeutendsten sittlichen Vorstellungen an das nach-salomonische Juda und Israel weiter. Und doch ist J noch etwas anderes als ein Geschichtenerzähler, ein Erschaffer von Figuren (menschlich oder göttlich), ein nationaler Historiker und Prophet, oder selbst ein Vorfahre der moralischen Gestalten von Wordsworth, George Eliot, und Tolstoy. Es schwingt immer die andere Seite von J mit: unheimlich, trickreich, sublim, ironisch, ein Visionär des Unzureichenden .... [S. 13]

Der Gott der Juden und der Christen, der Moslems, der weltlichen Gelehrten und Kritiker ist nicht der Jahwe von J. Was J mit liebenswürdiger Ironie porträtiert, ist ein archaischer Judaismus, der uns inzwischen fast vollständig verloren gegangen ist, obwohl es an einen Fehler grenzt, es überhaupt einen Judaismus zu nennen .... [S. 14]

J's Jahwe ist .... ein Kobold, der sich manchmal so verhält, als ob er gegen seine jüdische Mutter, J, rebellieren wollte. Wie J selbst sollten wir immer darauf vorbereitet sein, von ihm überrascht zu werden, was der einzige Weg ist, nicht von ihm überrascht zu werden. [S. 15]

Die Peinlichkeiten durch die koboldhafte Natur des Jahwe von J begannen erstmals den frühen Revisionisten bewusst zu werden .... Jüdische Hellenisten suchten ziemlich verzweifelt .... einen Jahwe [wegzuallegorisieren], der umherwanderte und mit dem man argumentieren konnte, der ass und sich zur Ruhe begab, der Arme und Beine besass, Hände und Füsse. [S. 24]

J's Haltung zu Jahwe ähnelt der amüsierten Haltung einer Mutter, die auf ihren bevorzugten Sohn etwas argwöhnisch, aber dennoch stolz ist, dass er erwachsen geworden ist und dabei gutmütig an Kraft gewonnen hat, aber auch auf exzentrische Art und Weise jähzornig geworden ist. [S. 26]“

In einer Buchbesprechung wurde gesagt: „Faszinierend .... The Book of J hebt klar eines der grossen Probleme der westlichen Kultur hervor: die Tatsache, dass der Jehova des Alten Testamentes überhaupt nicht ein theologischer Gott ist sondern ein immens menschlicher Charakter, der sich genauso gewalttätig und unvorhersehbar wie König Lear [Shakespeare] verhält.“

Ein weiterer Autor, Robert Alter, pries im Buch The Art of Biblical Narrative, die literarische Qualität, die in der hebräischen Bibel als Ganzem gefunden wird. Bloom sagte, dass Alter „eine Arbeit, ein 'zusammengesetztes Kunstwerk', liest, in dem der Künstler auch der Redakteur ist, der seine etwas unverträglichen Quellen kunstvoll ineinander fügt. [The Book of J, S. 14]“

Die Gesellschaft ist sich vieler dieser Punkte bewusst, obwohl sie die Schlussfolgerungen unter den Teppich kehrt. Die ursprüngliche Version des Buches der Gesellschaft Die ganze Schrift ist inspiriert und nützlich (veröffentlicht 1963, S.13, Abs. 3-5) sagte:

Jehova Gott ist der Autor der Bibel, aber er inspirierte Moses dazu, die Genesis, das erste Buch Mose, zu sammeln und schreiben. Wir sagen 'sammeln', weil es offensichtlich ist, dass Moses schriftliche Dokumente besass, die von seinen Vorvätern als kostbare, wertvolle Aufzeichnungen über die Anfänge der Menschheit aufbewahrt worden waren. Die Bibel bezieht sich auf elf davon, wobei das hebräische Wort toledoth (griechisch = Genesis) ist, was gemäss dem anerkannten hebräischen Gelehrten Gesenius 'Geschichte' bedeutet. Ein Studium des Schreibstils aus alter Zeit ergibt, dass solch historischen Dokumente mit einem Kolophon oder Abschluss endeten, der den Namen des Schreibers oder Eigentümer des Dokumentes enthielt. Demnach sind wir in der Lage, die elf 'Geschichten' in der Genesis durch diese Kolophone, die sie abschliessen, zu identifizieren .... Moses sammelte diese Dokumente unter Inspiration.

Spätere Ausgaben von Die ganze Schrift ist inspiriert und nützlich (revidierte Ausgabe von 1990, S. 13, Abs. 3) revidierte diese Interpretation vollständig und sagte:

Jehova Gott ist der Autor der Bibel, aber er inspirierte Moses dazu, die Genesis, das erste Buch Mose, zu schreiben. Woher erhielt Moses die Interpretationen, die er in der Genesis aufzeichnete? Einiges könnte er direkt durch göttliche Offenbarung erhalten haben, anderes durch mündliche Überlieferung unter der Leitung des heiligen Geistes. Es ist auch möglich, dass Moses schriftliche Urkunden besass, die von seinen Vorfahren als kostbare, wertvolle Aufzeichnungen über die Anfänge der Menschheit aufbewahrt worden waren.

Beide Ausgaben fahren fort mit der Angabe, das Moses der einzige Verfasser des Buches Genesis war, da (1) die Tradition ihm die Autorschaft zuschreibt, (2) viele Verweise aus dem Rest der Bibel es so anerkennen.

Es ist wert festgehalten zu werden, dass spätere Ausgaben des Buches Die ganze Schrift ist inspiriert und nützlich die Erwähnung einer 'Sammlung' von Geschichten entfernt haben. Auch beim Studieren des Themas im Einsichten-Buch ist es interessant zu sehen, welch schlechter Geruch diesen Punkten dort anzuheften versucht wird. Im Band 1, Seite 863 wird gesagt: „Man kann also zu keiner endgültigen Schlussfolgerung gelangen, was die unmittelbare Quelle betrifft, durch die Moses den von ihm aufgezeichneten Aufschluss empfing.“

Aber die Verfasser glauben dennoch: „Wichtig ist dabei, dass Jehova Gott den Propheten Moses leitete und dieser somit unter göttlicher Inspiration schrieb.“ Der Band 2 des Einsichtenbuches erklärt die Gründe, warum die frühere Version in dem Buch Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert geändert wurde. Es sollte offensichtlich sein, dass einigen der Autoren der Gesellschaft die klare Aufteilung der Genesis in verschiedene Abschnitte und die Beweise für eine 'Sammlung' aufgefallen sind; warum würden sie das Thema sonst überhaupt erwähnen?

Das Einsichten-Buch diskreditiert auch die "Dokumentationstheorie" (die generelle Vorstellung in der Wellhausen-Hypothese), indem sie sagt:

Würde man den Stoff, wie er den einzelnen mutmasslichen Quellen zugeschrieben wird, Teil für Teil und Satz für Satz aus dem Genesisbericht herauszuziehen und dann wieder zusammensetzen, so erhielte man eine Anzahl Berichte, von denen jeder an sich unlogisch und unzusammenhängend wäre. (Stichwort: "Genesis", S. 865)

Wenn man das vorliegende Material sorgfältig gelesen hat, sollte es den Leser überzeugen, dass im Falle der Sintflut genau das Umgekehrte zutrifft; getrennt genommen ergeben sie einen viel verständlicheren Sinn, als wenn sie in einen Bericht zusammengefasst sind. [zurück]

274  Harold Bloom and David Rosenberg, The Book of J, S. 68-72, Grove Weidenfeld, New York, 1990. [zurück]

 


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