Gab es wirklich eine SINTFLUT?  

Themen zur Sintflut

  1. Einführung
  2. Die Polarregionen
  3. Das Wasser - woher?
  4. Das Wasser - wohin?
  5. Datierungsmethoden
  6. Plattentektonik
  7. Vulkanketten/ Hot Spots
  8. Spreizungszentren
  9. Subduktionszonen
  10. Das Mittelmeer war eine Wüste
  11. Spuren der Flut und der Eiszeiten
  12. Missoula - Überflutungen
  13. Zusammenfassung Eiszeit
  14. Hinweise auf Eiszeiten
  15. Bestätigung für die Eiszeiten
  16. Weitere Hinweise auf Eiszeiten
  17. Weitere Probleme
  18. Regen vor der Flut
  19. Kontinentalanhebung
  20. Flutlegenden (1)
  21. Flutlegenden (2)
  22. Zusammenfassung

DIE SINTFLUT
(Teil 15)

Die Bestätigung für die Eiszeiten

engl. Original von Alan Feuerbacher


Bis ungefähr 1960 waren viele Elemente des Eiszeiten-Puzzles ungeklärt. Ice Ages: Solving the Mystery  195 beschreibt die Situation folgendermassen:

Sobald die Geologen die Gletschertheorie von Agassiz akzeptiert und sie erweitert hatten, standen sie vor der Herausforderung, die Eiszeiten zu erklären. Welcher Einfluss war dafür verantwortlich, dass die Eisdecken wuchsen und sich ausdehnten? Warum zogen sich diese Eispanzer, die auf ihrem Höhepunkt nahezu ein Drittel der Erdkontinente bedeckten, später wiederum zurück? Und die interessanteste Frage: Werden sie wiederkehren? Das waren die Hauptfragen zu den geheimnisvollen Eiszeiten.
Viele Theorien wurden vorgebracht. Einige, die zuerst plausible Antworten zu liefern schienen, wurden später, als neue Beobachtungen sie widerlegten, verworfen. Andere, die unbeweisbar waren, wurden nicht weiter verfolgt — gemäss dem schottischen Verdikt "nicht bewiesen".
Mehrere Versuche, das Geheimnis um die Eiszeiten zu lüften, stiessen auf Schwierigkeiten und zwar, weil sie sich zu eng nur auf die Veränderungen der Eisdecken beschränkten und sie nicht als Teil eines globalen Klimasystems erkannten — ein System, das alle veränderlichen Elemente des Planeten einschliesst: die Eisdecken, das Meer und die Atmosphäre. Die drei Elemente dieses Wasser-Erde-Luft-Systems sind so miteinander verzahnt, dass sie sich wie eine einzige riesige Maschine verhalten. Eine Veränderung in einer Komponente bewirkt Veränderungen in allen anderen Teilen des Systems.
Jede stichhaltige Theorie über die Eiszeiten muss berücksichtigen, dass das Wachstum oder das Zurückweichen einer grossen Eisdecke einen grossen Einfluss auf die anderen Elemente des Klimasystem hat. Damit sich zum Beispiel der Umfang eines Eipanzers vergrössert, muss Wasser aus den Ozeanen verdunsten, über die Atmosphäre bis zur Eisdecke transportiert werden und sich dann dort als Schnee ablagern. Veränderungen im Volumen der globalen Eismenge sind dementsprechend unvermeidbar mit Veränderungen im Meeresspiegel verbunden. Darüber hinaus muss jede Veränderung in der Fläche der Eispanzer eine Veränderung in der Wärmebilanz des Globus bewirken. Wenn sich der Eispanzer vergrössert, geht durch Reflexion der Sonnenstrahlen Wärme verloren, die globalen Temperaturen sinken und die Eisbildung nimmt zu. Umgekehrt steigen die Temperaturen, wenn die Eisdecken schrumpfen, und der Schrumpfungsprozess verstärkt sich dadurch wiederum. Dieser "Wärme-Feedback-Effekt" spielt in verschiedenen Theorien über die Eiszeiten eine wichtige Rolle, weil er erklärt, wie eine anfänglich kleine Veränderung in der Grösse der Eisdecke sich verstärkt.
Das Hauptziel der meisten Theorien ist es, die Ursache dieser ursprünglichen Veränderung zu entdecken. Seit dem "Discourse" von Agassiz im Jahre 1837 wurden bereits buchstäblich Dutzende von Erklärungen für die Eiszeiten vorgeschlagen.

Eine Theorie für die Erklärung der Eiszeiten erwies sich als besonders erfolgreich. Ungefähr im Jahre 1911 begann ein jugoslawischer Mathematikprofessor, Milutin Milankowitsch, eine Theorie auszuarbeiten, die „in der Lage ist, das Klima der Erde, des Mars und der Venus zu beschreiben — heute und in der Vergangenheit.“ Um zu beschreiben, was Milankowitsch tat, muss ich zuerst die sich ständig verändernde Beziehung der Erde zur Sonne beschreiben. Eine gute Erklärung der Veränderungen folgt als Paraphrase aus dem Time-Life-Buch Ice Ages, das auch ein hilfreiches Diagramm enthält: 196

Die 100.000-Jahre-Periode: Die Umlaufbahn der Erde verändert sich allmählich mit einer Periode von ungefähr 100.000 Jahren von einer nahezu kreisförmigen in eine elliptische Form und wieder zurück. Dies bezeichnet man als die Exzentrizität der Umlaufbahn. Während eines Zyklus schwankt der Abstand zwischen der Erde und der Sonne um bis zu 18 Millionen Kilometer.
Die 41.000-Jahr-Neigung (Schiefe der Ekliptik). Die Achse der Erde verläuft nie senkrecht zur Ebene ihrer Umlaufbahn; im Verlauf von ungefähr 41.000 Jahren schwankt der Winkel zwischen 21.5 und 24.5 Grad. Wegen dieser Neigung der Erdachse fluktuiert die jeden Punkt der Erde erreichende Sonneneinstrahlung während des jährlichen Umlaufzeit und verursacht damit die Jahreszeiten. Wenn die Neigung am grössten ist, dann sind die Sommer am heissesten und die Winter am kältesten.
Der 22.000-Jahre-Wobble-Effekt (die Präzession): Über die Veränderung ihrer Umlaufbahn und die Achsenneigung hinaus "wackelt" die Erde langsam im Raum und beschreibt dabei mit ihrer Achse alle 22.000 Jahre einen Kreis. Wegen dieser Kreiselbewegung, die als axiale Präzession oder Präzession der Äquinoktien bekannt ist, verändert sich der Abstand zwischen der Erde und der Sonne in einer gegebenen Jahreszeit langsam von Jahr zu Jahr. Heute führt die Form der Umlaufbahn unseren Planeten im Winter zum sonnennächsten Punkt, im Sommer ist der Abstand am grössten (dies gilt für die nördliche Hemisphäre). Die Kombination sorgt für tendenziell milde Winter und kühle Sommer — und begünstigt das Wachstum von Gletschern. Vor 11.000 Jahren war die Anordnung jedoch gerade umgekehrt, und damit war die Bühne frei für ein Abschmelzen der Gletscher.

Diese Veränderungen wurden von mehreren Wissenschaftlern während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mathematisch berechnet. Milankowitsch benutzte die vorhandenen Berechnungen von Veränderungen in der Exzentrizität, Präzession und Neigung, um zu berechnen, welche Strahlungsmenge die Oberfläche der Erde während jeder Jahreszeit und in jeder geographische Breite erreicht. Er veröffentlichte die ersten Ergebnisse im Jahr 1920; die Veröffentlichung enthielt ein Diagramm, das aufzeigte, wie die Einstrahlung im Sommer bei einer geographischen Breite von 55, 60 und 65 Grad während der vergangenen 650.000 Jahre variiert hatte. Seine nächsten Ergebnisse, die im Jahre 1930 folgten, schlossen Strahlungskurven für 8 verschiedene Breitengrade von 5 Grad bis 75 Grad nördlicher Breite ein. Die Kurven, die für hohe Breitengrade berechnet wurden, dominiert der 41.000-jährige Neigungszyklus, während bei niedrigeren Breitengraden der 22.000-jährige Präzessionszyklus der dominierende Effekt ist. Im Jahr 1941 hatte er seine Berechnungen beendet. Der Wert der Theorie Milankowitschs 197

lag darin, dass sie nachprüfbare Vorhersagen zum geologischen Klimabericht machte. Sie sagte voraus, wie viele eiszeitliche Ablagerungen Geologen finden sollten und sie zeigte auf, wann diese Ablagerungen während der vergangenen 650.000 Jahre hätten gebildet werden sollen.
Diese Voraussagen waren in drei nahezu identischen Strahlungskurven enthalten, die für die Breitengrade 55, 60 und 65 Grad nördlicher Breite die Veränderungen des sommerlichen Strahleneinfalls in der Vergangenheit aufzeigten. Die Theorie sagte voraus, dass jedes Strahlungsminimum eine Eiszeit verursachen sollte.

Eine Anzahl Befunde bis in die späten 1950er Jahre hinein liess Zweifel an Milankowitschs Theorie aufkommen. Aber schlussendlich wurde seine Theorie bestätigt. Wir wollen jetzt die Beweise dafür untersuchen. In den frühen 1950er Jahren 198

war Richard F. Flint von der Yale University einer der ersten amerikanischen Geologen, der die systematische Anwendung der Radiokarbondatierung beim Studium von Geschieben aus dem Pleistozän befürwortete. Nachdem er eine grosse Anzahl datierbarer Materialien aus Wisconsin-Geschieben in Ost- und Zentral-USA gesammelt hatte, sandte sie Flint ... ein, um den Radiocarbongehalt analysieren zu lassen. Flints Ergebnisse zeigten, dass das Geschiebe sich tatsächlich bei wenigstens zwei Vergletscherungen gebildet hatte — vielleicht sogar bei noch mehr. Vorher hatte man gedacht, dass eine einzige Gletscherperiode für das Wisconsin-Geschiebe verantwortlich gewesen war, aber durch die Ergebnisse der Radiokarbondatierung wurde es klar, dass diese Hypothese nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. Die älteren Tillitschichten in dem Geschiebe waren zum grössten Teil ausserhalb des Bereiches der Datierungsmethode; aber der jüngste Tillit lag innerhalb des bestimmbaren Bereiches und Flint und [andere] konnten zeigen, dass die grosse Eisdecke ihre maximale Ausdehnung vor 18.000 Jahren erreicht hatte. Ungefähr vor 10.000 Jahren verschwand sie daraufhin recht schnell.
Eine Zeit lang schien es, als ob die Ergebnisse der Radiokarbon-Revolution die Theorie von Milankowitsch bestätigen würden. Obwohl die Datierung von 18.000 Jahren für das Gletschermaximum um 7.000 Jahre niedriger lag als das Datum von 25.000 Jahren, das Milankowitsch für das letzte Strahlungsminimum errechnet hatte, konnte eine solche Diskrepanz leicht mit der Annahme erklärt werden, dass die träge Eisdecke diese Zeitspanne benötigte, um auf diese Veränderung in der Wärmebilanz der Erde zu reagieren. Tatsächlich hatte Milankowitsch selbst vorhergesagt, dass eine solche Verzögerung auftreten sollte, und er schätzte ihre Dauer auf etwa 5.000 Jahre ein.
Die Entdeckung einer 25.000 Jahr alten Torfschicht in Farmdale, Wisconsin, erschütterte schliesslich jedoch den Glauben an Milankowitschs Theorie. Solch eine Ablagerung konnte sich nur während eines relativ warmen Klimaintervalles gebildet haben. Wie warm es dabei genau war, war unbekannt, aber der Zeitpunkt für dieses warme Intervall fiel genau mit dem Zeitpunkt für ein Strahlungsminimum zusammen. Als Ablagerungen des selben Alters und der gleichen Art in anderen Gegenden des Mittleren Westens, in Ostkanada und in Europa gefunden wurden, schienen die geologischen Beweise gegen die astronomische Theorie überwältigend gross zu werden.
Das Programm der Radiokarbondatierung ermöglichte es mehr und mehr Geologen, ihr Beobachtungsfeld auf einen bestimmten, festgelegten Zeitraum zu richten. Dies führte zur Entwicklung neuer Methoden, klimatische Kurven aufzustellen, die direkt mit der Strahlungskurve verglichen werden konnten. Geologen erreichten dies, indem sie eine grosse Menge an Daten für eine grosse Anzahl an Tillit- und Lössproben, die entlang einer bequem erreichbaren Nord-Süd-Linie gesammelt wurden, zusammentrugen. Die Tillit-Löss-Grenze konnte dann graphisch als eine Funktion der Zeit dargestellt werden. Die erhaltene gezackte Linie zeigte die Lage des südlichen Randes des Eispanzers auf, als er über den Verlauf von Tausenden von Jahren an diesem speziellen Längengrad vorrückte oder zurückwich. .... [Ein Diagramm entlang der Linie von Indiana bis Quebec] zeigte, dass ein grösserer Vormarsch der Gletscher jeweils vor 60.000, 40.000 und 18.000 Jahren erfolgte.

Wenn auch weiterhin auf dem Festland Beweise im Hinblick auf die Eiszeiten gesammelt wurden, so blieben sie doch bruchstückhaft und wenig systematisch. Aber man fand in den Ozeanen kontinuierlich abgelagerte Sedimente, die Hunderttausende von Jahren zurückreichten. Im Jahr 1872 beobachtete das britische Forschungsschiff H.M.S. Challenger, dass kleine Planktontierchen namens Foraminiferen 199

in allen Weltmeeren gefunden werden — einige Spezies nur in warmem, einige nur in kaltem Wasser. Dies war für diejenigen, die später das Geheimnis der Eiszeiten zu lüften versuchten, eine wertvolle Beobachtung; sie bedeutete, dass sich durch eine Untersuchung der Foraminiferen-Sequenz auf dem Meeresboden ablesen liess, ob die Meere zu der Zeit, als die Lebewesen starben und zu Boden sanken, warm oder kalt gewesen waren ....
Indem er die solchermassen aus dem Atlantikboden gezogenen Bohrkerne untersuchte, machte der deutsche Paläontologe Wolfgang Schott einen entscheidenden Fund. Er erkannte in den Sedimenten drei unterschiedliche Schichten mit verschiedenen Populationen an Foraminiferen. Die oberste Schicht, die sich in der neuesten geologischen Vorzeit abgelagert hatte, hatte durchgehend eine hohe Konzentration an Warmwasser-Arten, einschliesslich Globorotalia menardii. Die zweite, ältere Schicht war reicher an Kaltwasser-Arten und menardii fehlte vollständig. In der ältesten der drei Schichten war aber menardii zusammen mit einem hohen Anteil an anderen Arten, die im warmen Klima gedeihen, wieder zurück. Schott leitete daraus ab, dass die Schicht ohne menardii während der letzten Eiszeit abgelagert worden war, als der Atlantik kühler war, während die anderen beiden Schichten während der vorangegangenen und der gegenwärtigen Zwischeneiszeit entstanden waren.

Damit der Leser nicht glaubt, dass die Abfolge warm-kalt-warm (wie durch die Forminiferen angedeutet) mit der Ansicht der Gesellschaft übereinstimmt, dass ein riesiger Zustrom an kaltem Wasser eine tropische Welt überflutete, erkenne er bitte als erstes, dass die Reihenfolge falsch ist. Es hätte zuerst Warmwasserspezies, dann Kaltwasserspezies geben müssen und sonst nichts. Überdies, wenn die Erde einem Treibhauseffekt unterlag, wie kann es da sein, dass Kaltwasserspezies überhaupt vorhanden waren? Wenn eine grosse Wassermenge aus einem Wasserdach gefallen wäre, hätte es bei seinem Abregnen ausserodentlich heiss werden müssen. Man beachte auch, dass die oben erwähnten Bohrkerne nur etwa einen Meter lang waren. Bohrkerne, die mit neueren Techniken entnommen werden, sind bis zu 15 Meter lang und enthalten viele Warm-Kalt-Foraminiferenzyklen sowie weitere Hinweise auf mehrfache Eiszeiten. Wir werden Beweise für mehrfache Vergletscherungen gleich im Anschluss diskutieren. Das Time-Life-Buch Ice Ages beschreibt eine herausragende Korrelation zwischen den Ereignissen an Land und im Meer: 200

In den frühen 1950er Jahren bestimmten .... David B. Ericson .... [und] verschiedene Geochemiker des [Geologischen Observatoriums an der Columbia University in] Lamont, dass sich die Grenze zwischen der obersten menardii-reichen Schicht und der zweiten Schicht vor etwa 11.000 Jahren sehr schnell gebildet hatte. Ericson fand, dass die Datierung dieses schnellen Wechsels von kaltem zu warmem Klima mit den Daten der Radikarbondatierung von eiszeitlichem Schutt an Land übereinstimmte. In einem Artikel, der diesen Befund beschrieb, merkten Ericson und seine Kollegen an, dass „eine weitere Korrelation der Ereignisse während dieses Intervalles sowohl im Ozean als auch auf den Kontinenten zu einem Verständnis einiger der Faktoren beitragen könnte, die eine Vergletscherung verursachen.“
Während dessen betrieben andere Wissenschaftler parallel dazu Forschungsarbeiten, die eine chemische Analyse der Foraminiferen beinhalteten. Die von ihnen angewandte Methode war von Harold Urey, einem Nobelpreisträger an der Universität von Chikago, vorgeschlagen worden. Sie bestand darin, das Verhältnis der beiden Sauerstoffisotope — Atome, die nahezu identisch sind, aber sich im Atomgewicht unterscheiden — zu messen, die von den Schalen und Skeletten der Meeresorganismen aus dem Salzwasser aufgenommen und eingebaut werden. Urey und seine Mitarbeiter hatten herausgefunden, dass Organismen aus kaltem Wasser einen höheren Anteil des schwereren Isotops, das Sauerstoff-18 oder O-18 genannt wird, aufweist, als es Organismen haben, die in wärmerem Wasser leben. In den Überresten der Warmwasser-Organismen überwog das leichtere Sauerstoffisotop O-16.
In den 1950er Jahren wandte der italoamerikanische Geologe Cesare Emiliani Ureys Theorie auf acht Bohrproben aus der Tiefsee an. Nachdem er die oberen Teile des Bohrkernes mit der Radiokarbonmethode datiert und daraus die Sedimentationsrate abgeschätzt hatte, leitete Emiliani daraus ab, dass es während der vergangenen 300.000 Jahre nicht weniger als sieben vollständige Eiszeit-Zwischeneiszeit-Stadien gegeben haben muss und dass sie in einem Zeitrahmen aufgetreten waren, der gut genug mit den Veränderungen übereinstimmte, die von Milankowitsch vorhergesagt worden waren. Im grossen und ganzen stimmte Emilianis Befund mit den Arbeiten von Ericson überein, obwohl es einige grössere Differenzen gab; nach Emilianis Methoden wurden gewisse Perioden, die Ericsons Foraminiferen-Abfolge als warm eingestuft hatte, als klimatisch kalt identifiziert.
So erhitzt wurde die Debatte über die einander widersprechenden Befunde, dass die National Science Foundation im Jahr 1965 eine spezielle Konferenz einberief, die den Disput beenden sollte. John Imbrie, damals ein Geologieprofessor an der Columbia Universität war bei der Konferenz zugegen und beschrieb später die Geschichte der Kontroverse und dessen Nachwirkungen in seinem Buch Ice Ages: Solving the Mystery. Auf der Konferenz wies Imbrie darauf hin, dass Ericson und Emiliani die Möglichkeit, dass andere Faktoren ausser der Temperatur Veränderungen in der Foraminiferen-Konzentration bewirken können, vollständig ausser acht gelassen hatte. Imbrie beschloss auf der Stelle, eine Analysentechnick zu entwickeln, die solche Faktoren wie den Salzgehalt des Wassers und die verfügbare Nahrungsmenge sowie auch die Wassertemperaturen im Sommer und im Winter berücksichtigte.

In seinem Buch sagt Imbrie, dass er und sein Assistent 201

.... eine multifaktorielle Methode zur Klimaanalyse entwickelten, die die Häufigkeitsverteilung aller 25 Spezies planktonischer Foraminiferen berücksichtigte. In vielerlei Hinsicht war ihre Vorgehensweise eine computerunterstüzte Erweiterung der Techniken, die von Wolfgang Schott im Jahre 1935 angewandt wurden.

Auf einem Treffen, das im Jahre 1969 in Paris abgehalten wurde, trug Imbrie die Ergebnisse vor, die er erhalten hatte, als er einen Bohrkern aus der Karibik mit seiner multifaktoriellen Analysentechnik untersucht hatte. Während Emilianis Forschungsarbeiten zeigten, dass die Temperatur des Oberflächenwassers während der letzten Eiszeit um nahezu 5 oC gefallen war, führte Imbries Multifaktorenmethode lediglich zu einem Abfall von 1.6 oC. Als der Bohrkern auf die Sauerstoffisotopenverhältnisse untersucht wurde, zeigte es sich, dass die Bereiche, die Erikson als kalt identifiziert hatte, sowohl von der Isotopenzusammensetzung als auch mit den Methoden der Multifaktorenanalyse warm gewesen waren. Imbrie sagte: 202

Anscheinend verursachte ein anderer Umweltfaktor als die Oberflächentemperatur (der aber oft mit ihr korreliert) Globorotalia menardii im Tiefenwasser des Atlantiks zyklisch zu erscheinen oder zu verschwinden.

Auf dem Treffen in Paris sprach Imbrie nach dem Vortrag mit einem britischen Geophysiker namens Nicholas Shackleton. Es 203

.... wurde ihnen klar, dass sie ihre unabhängige Forschungsarbeiten über das Problem zur gleichen Antwort geführt hatte. Sich verändernde Verhältnisse der Sauerstoffisotope bei marinen Fossilien werden hauptsächlich durch Fluktuationen in der Grösse der Eisdecken verursacht und nicht durch Veränderungen der Meerestemperaturen. Ihre vorsichtige Schlussfolgerung gründete sich auf die Tatsache, dass Wassermoleküle, die O-18 enthalten nicht so leicht verdunsten, da O-18 schwerer ist als O-16; demnach enthält Wasser, das in Form von Wasserdampf aus den Ozeanen verdunstet und daraufhin als Niederschlag zu Boden fällt, einen geringeren Anteil an O-18 als das Meereswasser selbst. Wäre das Wasser mit einem geringeren Anteil an O-18 auf dem Festland in Eisdecken gebunden, würde der Anteil der schweren Isotope im Meereswasser ansteigen und dieser Anstieg würde sich im Verhältnis der Sauerstoffisotope in den Foraminiferen und anderen Meeresorganismen widerspiegeln.

Diese Art Anreicherungsprozess, der auf Unterschieden im Gewicht zweier Isotope beruhte, wurde seitdem auch für praktische Anwendungen verwendet. Bei der Uranaufbereitung für Atombomben benutzt eine der verschiedenen Methoden eine Gaszentrifuge, um gasförmige Uranhexafluorid-Moleküle, die das leichtere, bombenfähige U235-Isotop enthalten, vom schwereren U238 abzutrennen. Ich brauche wohl kaum betonen, wie effektiv dieser Prozess ist.

Beweise, die Milankowitschs Strahlungskurve bestätigen, erscheinen auch weiterhin. Im Jahr 1965 204

.... berichtete der Geochemiker Wallace S. Broecker über einige interessante Beobachtungen, die er und seine Kollegen gemacht hatten, als sie fossile Korallenriffe in den Florida Keys und auf den Bahamas datierten. Da Korallen nur bis zu einer bestimmten Tiefe wachsen können, erhält man daraus einen genauen Nachweis früherer Meeresspiegel. Broeckers Studien deuteten an, dass der Meeresspiegel vor 120.000 und 80.000 Jahren viel höher lag, wahrscheinlich während Perioden mit warmem Klima, als riesige Mengen an Wasser aus schmelzenden Eispanzern freigesetzt wurden. Unter Berücksichtigung, dass die gegenwärtigen Meeresspiegel ebenfalls beträchtlich höher liegen, als es während der Zeit der grössten Vergletscherung der Fall war, kam Broecker zum Schluss, dass diese drei bekannten Perioden hoher Meeresspiegel ziemlich genau mit den Wärmeperioden übereinstimmten, die von Milankowitsch in seinen Stahlungskurven für 65 Grad nördlicher Breite berechnet worden waren.
Bald darauf berichteten andere Forscher, die sich mit anderen Gebieten beschäftigten, von ähnlichen Ergebnissen. Zum Beispiel untersuchte der Geologe Robley K. Matthews von der Brown University die terrassenförmig ausgebildete Küstenlinie von Barbados und wies nach, dass die treppenartigen Terrassen durch das Wachstum von Korallenriffen auf Höhe der damaligen Meeresspiegel gebildet worden waren. Gemäss seinen Berechnungen lag das Alter einer Terrasse bei 80.000 Jahren und eine andere bei 125.000 Jahren — eine nahezu perfekte Übereinstimmung mit den Befunden von Wallace Broecker. Aber Matthews fand auch noch etwas völlig anderes: eine mittlere Terrasse, die auf eine Zeitperiode mit einem hohen Meeresspiegel vor ungefähr 105.000 Jahren hinwies.
Zur Enttäuschung der Anhänger der astronomischen Theorie wies die Milankowitsch-Kurve für diese Zeitperiode kein Strahlungsmaximum auf — wenigstens nicht auf 65 Grad nördlicher Breite, wo die Wirkung der Achsneigungsänderungen Strahlungsmaxima etwa alle 41.000 Jahre erzeugt. Aber als Broecker — aus Neugierde über die anscheinende Anomalie der 105.000-Jahre alten Barbados-Küste — weitere Milankowitsch-Kurven untersuchte, stellte es sich heraus, dass diese Kurven für die niedrigeren Breiten Maxima enthielten, die all den Zeiträumen entsprachen, die den Barbados-Terrassen zugeordnet worden waren. Es schien, dass der Zyklus von 22.000 Jahren für die Präzession — die von der Erdachse benötigte Zeit, um nach dem Wobble-Effekt einen kompletten Kreis zu vollenden — einen so grossen Effekt hatte, dass es die Wirkung der Achsenneigung mehr als ausglich und ihn so modulierte. Korallenriff-Terrassen auf Hawaii und Neuguinea ergaben ähnliche Daten und deuteten damit an, dass der hohe Meeresspiegel vergangener Zeiten in der Tat durch die Anwendung der astronomischen Theorie erklärt werden konnte.

Ein bemerkenswertes Photo einer Terrasse auf Neuguinea erschien auf Seite 145 in Ice Ages: Solving the Mystery. Diese Terrassen sind auch deutliche Beweise für die Plattentektonik. Die Insel Neuguinea wird durch die australische Kontinentalplatte unter dem Inselbogen, von dem Neuguinea ein Teil ist, emporgehoben. Diese Anhebung wird in den Terrassen sichtbar und zeigt, wie gut geologische Beweise auf dem Gebiet der Eiszeitenforschung und das Konzept der Plattentektonik miteinander korrelieren.

Auch versunkene Korallenriffe wurden aufgefunden. Diese enthalten manchmal Höhlen, die sich nur gebildet haben können, wenn die Riffstruktur sich einstmals oberhalb des Meeresspiegels befunden hat. In Jamaica können eine Reihe von überfluteten und überwachsenen Rücken in einer Tiefe von 8, 13 und 20 Meter unterhalb des gegenwärtigen Meeresspiegels beobachtet werden. Diese abgesunkenen Riffe bildeten sich vor 8.000, 11.000 und 14.000 Jahren während verschiedener Zeitperioden intensiver Vergletscherung, als der Meeresspiegel beträchtlich niedriger lag als heute. 205 Time-Life’s Ice Ages fährt mit folgenden Beweisen fort:

Auf einem anderen Gebiet versuchten die Wissenschaftler die geologische Chronologie zu präzisieren, indem sie sich mit den Umkehrungen der magnetischen Polarität in Meeressedimenten beschäftigten. In den meisten Gesteinen sind winzige Eisenpartikel enthalten, die sich zur Zeit der Gesteinsbildung nach den magnetischen Polen der Erde ausrichten und diese Ausrichtung unverändert beibehalten. Inzwischen hatte man festgestellt, dass dies auch für Ablagerungen auf dem Meeresgrund zutrifft. Das Phänomen der Feldumkehr — für das wahrscheinlich Störungen im flüssigen Erdkern verantwortlich sind — wurde 1906 von Bernard Brunhes, einem französischen Geophysiker, festgestellt; er hatte entdeckt, dass die stark eisenhaltigen Partikel in einem alten Lavastrom so ausgerichtet waren, dass der magnetische Nord- und Südpol gewechselt haben mussten. In den sechziger Jahren konnten Wissenschaftler mit der kürzlich entwickelten Kalium-Argon-Methode (bei der die Zeit gemessen wird, in der sich ein in Gesteinen vorkommendes radioaktives Kalium-Isotop in ein Argon-Isotop verwandelt) feststellen, dass sich die magnetische Polarität der Erde im Verlauf der letzten vier Millionen Jahre mehrfach umgekehrt hat. Die letzte Feldumkehr fand vor rund 700.000 Jahren statt. Alle Sedimente, die seit dem Eintreten dieses Ereignisses — dem Beginn einer Periode, die als "Brunhes-Epoche" bezeichnet wird — abgelagert wurden, besitzen die "normale" magnetische Ausrichtung; die in den vorangegangenen 300.000 Jahren abgelagerten Materialien weisen die umgekehrte Ausrichtung auf, die noch älteren wieder die "normale".

Ice Ages: Solving the Mystery sagt auf Seite 148 in bezug auf die Geologen, die die auf die magnetische Umkehr gegründete Zeitskala entwickelten:

Cox und seine Kollegen bewiesen, dass die Theorie der Feldumkehr richtig war, indem sie zeigten, dass jede Umkehr weltweit synchron verlaufen war. Sie argumentierten, es wäre unvernünftig anzunehmen, dass alle Lavaflüsse auf der ganzen Welt zur selben Zeit von selbst eine Umkehr der Magnetfeldes durchgemacht hätten. Um die Synchronizität zu demonstrieren, datierten sie Lava, die etwas oberhalb und etwas unterhalb einer Umkehrschicht lag. Diese Datierungsreihe, die von einer Gruppe von Forschern der University of California durchgeführt wurde, verwendete dafür die Kalium-Argon-Methode — eine Messtechnik, die besonders gut bei Lavaströmen funktioniert. Die Ergebnisse bestätigten nicht nur die Synchronizität der magnetischen Umkehrprozesse sondern lenkten auch das Interesse auf die Zeitperioden selbst. Diese zeitlichen Daten erwiesen sich als die lange erwarteten Fixpunkte, um die eine solide Chronologie des Pleistozäns aufgebaut werden konnte.

Time-Life’s Ice Ages fährt fort:

Da Ablagerung vom Festland und dem Meer aus allen Teilen der Erde die gleichen magnetischen Kennzeichen aufweisen, ist eine Identifizierung der Umkehrzeiten ein Mittel, um die geologischen Chronologien, die mit verschiedenen Mitteln in verschiedenen Regionen ungefähr datiert worden sind, zu synchroniseren. Ältere Ablagerungen ergaben, dass eine magnetische Umkehr vor etwa zwei Millionen Jahren stattgefunden hat. Dies ist ein bedeutendes Datum, da es grob der Zeit entspricht, die Geologen dem Anfang des Pleistozän und dem Beginn der Eiszeiten-Zwischeneiszeiten-Periode, die sich bis heute fortsetzt, zuordnen.
Ausgerüstet mit einer Methode, Bohrkerne mit Tiefseesedimenten, die Hinweise vergangener Klimaänderungen enthielten, zu datieren, waren Wissenschaftler nun in der Lage, festzustellen, ob frühere Warm- und Kaltperioden mit den Zyklen übereinstimmten, die von Milutin Milankowitsch vorhergesagt worden waren. Aber solche Beweise würden auch die Tatsache, abgeleitet von laufenden Studien an Sedimenten an Land und auf dem Meeresboden, erklären müssen, dass die 22.000 und 41.000-Jahr-Zyklen — von denen Milankowitsch geglaubt hatte, dass sie die kritischsten Prozesse bei der Einleitung radikaler Klimaveränderungen wären — auf längere Zyklen von 100.000 Jahren aufsetzten, eine Zahl, die an die Theorie [des Geologen James] Croll [19.Jhdt.] erinnerte, dass Variationen in der Exzentrizität der Erdumlaufbahn von entscheidender Bedeutung für die Auslösung von Klimaveränderungen wären. Es schien, dass die grossen pleistozänischen Eiszeiten sich langsam in Zyklen von 100.000 Jahren entwickelt hatten; nach einer Reihe von kleineren Schwankungen fand jede der Eiszeiten ein abruptes Ende. Nur wenn Milankowitschs kürzere Zyklen auf irgendeine Art mit diesen 100.000-Jahr-Perioden in Verbindung gebracht werden könnten, konnte seine astronomische Theorie als Erklärung der Ursache für die Eiszeiten akzeptiert werden.

Ungefähr um 1968 warfen Forschungen an Lössablagerungen etwas mehr Licht auf den Pulsschlag des Erdklimas. Es stellte sich heraus, dass Lössablagerungen nicht das Ergebnis nur einer einzigen Eiszeit sind. Sie enthalten manchmal Ablagerungen vieler Zyklen von Eiszeiten. Ice Ages: Solving the Mystery 206 beschreibt die Untersuchungen eines Geologen namens George Kukla aus dem Jahre 1968 an einem Steinbruch einer Ziegelei in der Nähe von Brno, der damaligen Tschechoslowakei.

Kuklas Interesse an Löss war eine Folge seiner Faszination an Höhlen der Tschechoslowakei. In vielen dieser Höhlen enthalten dünne Lössschichten, die während der pleistozänischen Eiszeiten hereingeweht sind, Knochen von Neandertalern und anderen steinzeitlichen Menschen. Archäologen konnten die menschlichen Artefakte in eine historische Reihenfolge einordnen, indem sie diese Lössschichten ausserhalb der Höhlen aufspürten und sie mit den dickeren Schichten korrelierten, die die Flanken nahegelegener Hügel bedecken.
Die Eisschichten des Pleistozän, die sich ausgehend von Zentren in Skandinavien und den Alpen vergrösserten, erreichten niemals die Region um die Roten Hügel, aber das Klima dort veränderte sich drastisch. Bereits 1961 hatte George Kukla und sein Kollege Vojen Lozek erklärt, warum die nichtvergletscherten Regionen der Tschechoslowakei und Österreichs ideal gelegen waren, um die Geschichte der Fluktuationen des pleistozänischen Klimas zu bewahren. Als die Eispanzer eine grosse Ausdehnung erreicht hatten, war Zentraleuropa eine polare Wüste — trocken, baumlos und von bitterkalten Winden umtost, die die Lössschichten ablagerten. Aber als die Gletscher klein waren, hatte die Tschechoslowakei ein Klima, das sogar noch wärmer und feuchter als das heutige war: Breitblättrige Bäume wuchsen in Wäldern, es bildete sich fruchtbarer Erdboden, und steinzeitliche Jäger lebten unter gemässigten Bedingungen. Demnach bewegte sich die Grenze zwischen Prärie und Wald entlang des eisfreien Korridors in Zentraleuropa in dem Masse vor und zurück, wie die Eispanzer Skandinaviens und der Alpen alternierend wuchsen oder sich zurückbildeten.
Lange bevor ihnen die magnetische Zeitskala bekannt war, hatten die tschechoslowakischen Geologen gezeigt, dass allein in der Region um Brno wenigstens zehn Wiederholungen des Humus-Löss-Zyklus zu finden sind. Aber es war nicht möglich gewesen zu bestimmen, wie lange jeder Zyklus dauerte. Im Jahre 1968 kehrten Kukla und seine Kollegen der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in ihre Ziegeleien zurück, untersuchten jede Humus- und Lössschicht und fanden fünf magnetische Umkehrungen. Nachdem die Zeitskala nunmehr festlag, konnte die durchschnittliche Dauer jeder Periode leicht berechnet werden: Der Pulsschlag des Klimas im späten Pleistozän schlug mit einer stetigen Rate von 100.000 Jahren pro Zyklus.
Untersuchungen während des vergangenen Jahrzehntes hatten ergeben, dass der Sedimentationszyklus nicht nur aus einer einfachen Wiederholung der symmetrischen Abfolge Erde (Schicht 1) und Löss (Schicht 2) bestand (1-2-1-2). Sondern es gab einen Zyklus aus vier Bestandteilen, bestehend aus drei Arten von Erde (1, 2 und 3) und Löss, wodurch sich eine sägezahnförmige, asymmetrische Abfolge ergab (1-2-3-4-1-2-3-4). Die erste Bodenart bildete sich in einem warmen, feuchten Klima. Die zweite Schicht bestand aus schwarzer Erde, identisch mit der, die sich in der Gegenwart in den feuchteren Teilen der asiatischen Steppe gebildet hat. Sie enthält Fossilien charakteristisch für ein Klima, das etwas kühler und trockener als das der vorangegangenen Phase mit grossen bewaldeten Gebieten war. Oberhalb der Schwarzerde befand sich eine Schicht brauner Erde, die typisch für die gemässigten Teile heutiger arktischer Regionen ist. Diese Erde, die dritte Schicht in der Abfolge, enthielt Fossilien charakteristisch für ein Klima, das kälter und trockener als ein Steppenklima ist, aber nicht so kalt und trocken wie das Klima der vierten und letzten Phase des Zyklus, das die Ablagerung der darüberliegenden Lössschicht begleitete.
Aus diesen Beobachtungen zog Kukla einen wichtigen Schluss: die Abkühlphase des Klimazyklus dauerte viel länger als die Phase der Erwärmung. Überdies erfolgten die Übergänge von den polaren, staubgeprägten Wüstenphasen zu den Laubwaldphasen so abrupt, dass sie in den Wänden des Steinbruchs als unterscheidbare Linien zu erkennen waren. Diese Linien, die Kukla "Kennlinien" nannte, erwiesen sich als nützlich, um die Sedimentationszyklen voneinander zu unterscheiden und die Zyklen in weit voneinander entfernt liegenden Regionen miteinander in Beziehung zu setzen.

In der sowjetischen zentralasischen Republik Tadschikistan wurde ein ummfangreiches Lössfeld ausgegraben. Die Lössablagerungen waren an einigen Stellen bis zu 200 m tief. Gemäss einem Artikel im Scientific American 207

enthalten sie Beweise für einen kontinuierliche Abfolge von Warm-Kalt-Klimaoszillationen, die sich über die vergangenen zwei Millionen Jahre erstrecken .... Eine sofort sichtbare Eigenschaft der Lössausgrabungen in Tadschikistan ist die alternierende Folge dicker Schichten unveränderten Lösses und deutliche "Horizonte" aus Erdboden. [Horizont = kleinste geologische Zeiteinheit, durch Einheitlichkeit des betreffenden Merkmales definiert] Die Erdbodenhorizonte hatten sich gebildet, als sich die Oberfläche des Lösses in Zeiträumen relativ feuchten und warmen Klimas veränderte. An vielen Stellen ist die Bodenstruktur komplex .... Die Pflanzenpollen und Schneckengehäuse, die im Löss gefunden wurden .... zeigen an, dass sie sich zu einer Zeit ansammelten, als das Klima beträchtlich kühler und trockener als heute war. Demnach sind die abwechselnden Löss- und Bodenschichten Beweise für grössere klimatische Oszillationen in der Region ....
Verschiedene paläomagnetische Ereignisse wurden im Löss von Tadschikistan gefunden, von denen das wichtigste der Übergang zwischen der Matuyama- [die vorherige Periode umgekehrten Magnetismus] und der heutigen Brunhes-Periode vor etwa 690.000 Jahren ist. In dem tadschikischen Lössabschnitt, der zur Zeit untersucht wird, variiert die Summe der begrabenen Erdbodenabschnitte, wobei das Maximum 37 beträgt. In den sechs Sektionen, bei denen die Matuyama-Brunhes-Grenze gefunden wurde, liegen einheitlich neun Erdbodenschichten oberhalb der Grenzschicht. Die Anzahl der Erdbodenabschnitte oberhalb der .... Grenzschicht .... stimmt recht gut mit der Anzahl oberhalb der Grenze in Zentraleuropa überein. Die Anzahl der Erdbodenabschnitte ist auch in Übereinstimmung mit den Befunden klimatischer Oszillationen, die in Tiefseesedimenten erhalten geblieben sind.

Ice Ages: Solving the Mystery beschreibt, was sich an einer anderen Front abspielte. Als Kukla seine Forschungsarbeit durchführte 208

kam Jan van Donk von Lamont gerade mit seinen Isotopenmessungen der Foraminiferen im karibischen Bohrkern V12-122 zum Abschluss. Zusammen mit Broecker versuchte van Donk, die geologische Zeitskala zu verbessern. Da der Bohrkern sich nicht bis zum Anfang der Brunhes-Epoche erstreckte, konnte die magnetische Zeitskala nicht direkt angewandt werden. Der Bohrkern enthielt jedoch die U-V-Grenze, die Erikson durch Interpolation in Bohrkernen, die lang genug waren, um die letzte magnetische Umkehr mit einzuschliessen, auf etwa 400.000 Jahre datiert hatte. Diese Schätzung, die in die Mitte des ziemlich breit streuenden Bereiches der Daten aus der Uran- oder Thorium-Methode fiel, wurde der Eckstein für die Chronologie Broeckers und van Donks und brachte sie zu der Schlussfolgerung, dass der Hauptzyklus in den Isotopendaten 100.000 Jahre betrug. Überdies bemerkten sie, dass dieser primäre Klimazyklus eine asymmetrische Sägezahnform hatte: „Perioden mit expandierenden Gletschern, die sich über 100.000 Jahre erstreckten, wurden abrupt durch Zeiträume schneller Entgletscherung abgebrochen.“ Sie nannten die Perioden schneller Erwärmung "Terminationen".
Erst im September 1969, als sie sich auf dem internationalen Wissenschafts-Kongress in Paris trafen, erkannten Broecker und Kukla, dass ihre unabhängigen Forschungsarbeiten sie zu im wesentlichen gleichen Schlussfolgerungen geführt hatte: die grossen Eiszeiten des Pleistozän erfolgten in Abständen von ungefähr 100.000 Jahren, sie entwickelten sich langsam und hörten abrupt auf. Die Kennlinien in den tschechoslowakischen Steinbrüchen entsprachen den Terminationen in den karibischen Bohrkernen.

Weitere Beweise fanden sich im Atlantik. Ice Ages: Solving the Mystery beschreibt, was gefunden wurde: 209

Während Broecker und Kukla die Art der pleistozänischen Zyklen diskutierten — und Imbrie und Shackleton ihre Ansichten über die Temperaturen im Pleistozän austauschten — arbeiteten William Ruddiman und Andrew McIntyre am Lamont-Observatorium hart daran, eine neue Methode für das Studium der Meeresgeschichte zu entwickeln. Indem sie Bohrkerne entlang einer Nord-Süd-Linie auswählten und die wechselnden Verteilungen der temperaturempfindlichen Spezies entlang dieser Linie aufzeichneten, war es ihnen möglich, den sich verändernden Lauf des Golfstroms nachzuzeichnen. Während der Zwischeneiszeiten war die Strömung in nordöstlicher Richtung über den Atlantik vom Kap Hatteras nach Grossbritannien geflossen. Aber während der Eiszeiten hatte er eine mehr östliche Richtung nach Spanien genommen. Als die Eispanzer expandierten und zurückgingen und Wälder und Prärien sich über Europa und Asien hinweg vorwärts bewegten und sich zurückzogen, schwang der Golfstrom jeweils vor und zurück wie ein Tor, das bei Kap Hatteras aufgehängt ist. Indem sie die Anzahl der "Hin und Zurücks" der Strömung zählten und diese in die magnetische Zeitskala einklinkten, fanden Ruddiman und McIntyre, dass es innerhalb der Brunhes-Epoche acht Klimazyklen gegeben haben musste. Wie die arktischen Eisfelder und die europäischen Wälder schlug die Strömung des Meeres in einem Takt von 100.000 Jahren.

Aber bis zu der Zeit waren die meisten Wissenschaftler noch nicht von Milankowitchs Theorie überzeugt. Ice Ages: Solving the Mystery beschreibt die Situation: 210

Bis zum Jahr 1969 hatte die magnetische Zeitskala ihren Wert als Grundlage für das Studium der eiszeitlichen Geschichte bewiesen und hatte es ermöglicht, den dominierenden Pulsschlag des Klimas als einen Zyklus von 100.000 Jahren zu identifizieren. Aber die Verfügbarkeit dieser Zeitskala hatte bisher wenig dazu beigetragen, die astronomische Theorie zu unterstützen. Es war im Gegenteil recht peinlich, dass diese Theorie den 100.000-Jahr-Zyklus nicht vorhergesagt hatte. Erst als alle Daten zusammengetragen waren, brachten Kukla und [andere] einen Vorschlag vor, wie Milankowitschs Theorie abgeändert werden konnte, so dass sie diesem Zyklus Rechnung trug.
Die meisten Wissenschaftler waren daher erst dann davon zu überzeugen, dass die astronomische Theorie korrekt war, wenn gezeigt werden konnte, dass die kleinen Schwankungen, die auf den 100.000-Jahr-Zyklen aufsetzten, diejenigen waren, die Milankowitch vorhergesagt hatte. Wenn von diesen kürzeren klimatischen Zyklen gezeigt werden konnte, dass sie dem 41.000-jährigen-Zyklus der Achsenneigung und dem 22.000-jährigen Zyklus der Präzession entsprachen, dann wäre die astronomische Theorie der Eiszeiten bestätigt. Um jedoch eine solche Entsprechung zu beweisen, mussten Parallelen zwischen den astronomischen und klimatischen Kurven aufgezeigt werden, und zwar in Bereichen, die detailliert genug waren, um die 22.000 und 41.000-jährigen Zyklen aufzulösen. Wieder hing das Problem der Überprüfung der astronomischen Theorie der Eiszeiten davon ab, ob die Genauigkeit der geologischen Zeitskala genügend verbessert werden konnte.

Time-Life’s Ice Ages fährt fort:

Im Rahmen des Internationalen Jahrzehnts der Meeresforschung fand sich im Frühjahr 1971 eine Gruppe von Wissenschaftlern zu Untersuchungen zusammen, die unter der Bezeichnung CLIMAP (Climate Long Range Investigation, Mapping and Prediction Project) zusammengefasst wurden. Eine ihrer ersten Aufgaben bestand darin, Bohrkerne von Tiefseebohrungen auf die klimatischen Veränderungen hin zu untersuchen, die während der 700.000 Jahre umfassenden Brunhes-Epoche stattgefunden hatten.
Zu diesem Zweck benötigten die Forscher einen Bohrkern mit einem grossen Gehalt an Foraminiferen, die auf ihren Gehalt an Sauerstoff-Isotopen analysiert werden konnten. Im Dezember spürten die CLIMAP-Leute einen solchen Bohrkern auf — er war zu Beginn des Jahres im Westpazifik zutage gefördert worden, und nachdem sie sich vergewissert hatten, dass er bis in die Zeit vor der Feldumkehr, die den Beginn der Brunhes-Epoche markiert, zurück reichte, schickten sie Proben aus diesem Bohrkern an Nicholas Shackleton in Cambridge.
Shackleton, der sich auf die Analyse des Isotopengehalts mariner Fossilien spezialisiert hatte, untersuchte die Kernproben und arbeitete zwei Isotopenkurven aus, von denen die eine das Verhältnis von schweren und leichten Sauerstoff-Isotopen in den Überresten oberflächennaher Foraminiferen aufzeigte, die andere das Isotopenverhältnis in den auf dem Meeresboden lebenden Arten. Wenn das Verhältnis der Sauerstoff-Isotope in marinen Fossilien von der Wassertemperatur bestimmt wird, wie Cesare Emiliani einige Jahre zuvor behauptet hatte, dann hätte die zweite Kurve wesentlich geringere Abweichungen aufweisen müssen als die erste, denn unabhängig vom Klima an der Erdoberfläche liegt die Temperatur auf dem Meeresgrund in der Nähe des Gefrierpunkts. Doch die beiden Isotopenkurven, die Shackleton Mitte 1972 dem CLIMAP-Team vorlegte, waren fast identisch.

Es verhielt sich genau so wie Shackleton und Imbrie es in Paris drei Jahre früher vermutet hatten. Imbrie sagte, dass beide Kurven Shackletons 211

Schwankungen im Vorhandensein der leichteren Isotope im Ozean widerspiegelten — nicht aber Schwankungen der Wassertemperatur. Und da das Meerwasser durch die Strömungen sehr rasch vermischt wird, wirkt sich jede chemische Veränderung in einem Teil des Ozeans binnen tausend Jahren im ganzen Weltmeer aus. Emilianis Ergebnisse waren eine chemische Botschaft von den Eismassen der Vergangenheit. Als sich das Inlandeis ausdehnte, wurden die leichteren Sauerstoffatome dem Meerwasser entzogen und im Eis gebunden, wodurch sich das Isotopenverhältnis im Meer änderte. Als das Eis abschmolz, flossen die gespeicherten Isotope ins Meer zurück und stellten die ursprüngliche Zusammensetzung wieder her.

Kurz gesagt, beide Kurven deuteten nicht direkt auf einen Klimawechsel hin; statt dessen dokumentierten sie eine Folge der Klimaschwankung - das Grösserwerden und das Schrumpfen von Gletschern, das Kommen und Gehen von Eiszeiten. Time Life`s Ice Ages fährt fort:

Shackletons sorgfältige Analysen vermittelten noch weitere Erkenntnisse. Aus dem Bohrkern liess sich ablesen, dass im Verlauf der letzten 700.000 Jahre 19 Warm-und Kaltzeiten aufeinander gefolgt waren; ausserdem konnten die Wissenschaftler die Dauer jeder dieser Perioden abschätzen. Von noch grösserer Bedeutung waren die Hinweise darauf, dass grössere Klimaschwankungen in Abständen von rund 100.000 Jahren stattgefunden hatten — also in einem Zeitabstand, der dafür sprach, dass Klimaschwankungen in erster Linie von Veränderungen in der Exzentrizität der Erdbahn ausgelöst würden.

Die Exzentrizität der Erdumlaufbahn ist für das Klima wichtig, da  212

die Intensität der Strahlung während einer bestimmten Jahreszeit hauptsächlich durch die Präzessionszyklen bestimmt wird — deren Amplitude exakt proportional zur Exzentrizität ist. Wenn die Umlaufbahn ungewöhnlich stark elliptisch verläuft, sind die Winter kälter und die Sommer heisser als im Durchschnitt. Wenn die Temperatur während einer bestimmten Jahreszeit ein kritischer Faktor für die Vergrösserung oder Verkleinerung der Eisdecken ist, so folgt daraus, dass der 100.000-Jahr Zyklus sich im Klimabericht niederschlagen muss.

Zurück zu Time-Life’s Ice Ages:

Dieser 100.000-Jahre-Zyklus war in Shackletons Kurve so stark ausgeprägt, dass er nicht zu sagen vermochte, ob die weniger deutlichen Schwankungen den 41.000 Jahre umfassenden Zyklus der Schiefe der Ekliptik und den 22 000-Jahre-Zyklus der Präzession widerspiegelten. Milankowitschs astronomische Eiszeitheorie blieb unbewiesen. Wenig später konnte jedoch ein anderer Mitarbeiter des CLIMAP-Teams, James D. Hays von der Columbia-Universität, die Verhältnisse klären, als er zwei Sedimentkerne aus dem südlichen Indischen Ozean untersuchte, von denen der erste 1967, der zweite 1971 zutage gefördert worden war. Diese Kerne reichten zeitlich zwar nicht bis zum Beginn der Brunhes-Epoche zurück, waren aber mit Sedimenten aus einem Zeitraum von 450.000 Jahren umfassend genug, um gültige Ergebnisse liefern zu können. Darüber hinaus hatten sich die Sedimente rascher abgelagert als in dem von Shackleton untersuchten Kern aus dem Pazifik; da für jeden Zyklus dickere Schichten vorhanden waren, lieferten die Bohrkerne aus dem Pazifik ein detaillierteres Bild früherer Klimaschwankungen.
Als Hays und Shackleton sich dieses Beweismaterial vornahmen, stellten beide fest, dass der 100.000-Jahre-Zyklus deutliche Spuren hinterlassen hatte; aber auch die kürzeren Zyklen von 41.000 und 22.000 Jahren waren deutlich ausgeprägt. „Wir sind jetzt sicher“, erklärten sie, „dass die Eiszeiten von Veränderungen der Erdbahnelemente ausgelöst wurden. Das Beweismaterial ist so eindeutig, dass andere Erklärungen jetzt aufgegeben oder abgewandelt werden müssen.“
Frühere Schlussfolgerungen, die auf Datierungen mit Hilfe der Radiokarbonmethode beruhten und die Milankowitsch's Theorie anfangs zu widersprechen schienen, waren bereits weitgehend abgewandelt worden. Neue geologische Erkenntnisse hatten gezeigt, dass das Inlandeis vor 25.000 Jahren tatsächlich in geringem Umfange zurückgewichen war, was darauf hindeutete, dass das Klima warm genug gewesen war, um scheinbare Anomalien wie eine 25.000 Jahre alte Torfschicht in Illinois hervorzubringen. Damit standen die mit der Radiokarbonmethode erzielten Ergebnisse der astronomischen Theorie nicht mehr im Wege.

Ice Ages: Solving the Mystery gibt eine noch detailliertere Schilderung. Forscher hatten Schwierigkeiten, schlüssig zu beweisen, dass die 41.000 und 22.000-Jahr-Zyklen tatsächlich in einigen der Bohrkernen vertreten waren. 213

Warum erwies es sich als so schwierig, herauszufinden, welche höheren Frequenzen in den Klimakurven verborgen waren? Als er sich mit diesem Problem im Herbst 1972 beschäftigte, glaubte Hays den Grund zu wissen: die Bohrkerne die durch Spektralanalyse 213a untersucht worden waren, hatten sich zu langsam gebildet.
Wenn die Ablagerungsrate sich auf nur ein oder zwei Millimeter pro Jahrhundert belaufen würde, — wie es bei den meisten Bohrproben aus dem Pazifik und der Karibik der Fall war — so argumentierte er, dann würden die den Boden aufwühlenden Aktivitäten der Tiere auf dem Meeresgrund die Aufzeichnungen der Zyklen mit höherer Frequenz verwischen. Um die Theorie von Milankowitsch schlüssig zu testen, musste also eine unberührte Bohrprobe analysiert werden, deren Ablagerungsrate zwei Millimeter pro Jahrhundert überschritten hatte.
Hays und seine Kollegen von CLIMAP beschäftigten sich bereits in ihrem Bemühen, den eiszeitlichen Ozean zu kartographieren, mit allen verfügbaren Bohrkernen. Nach einigem Nachdenken beschloss Hays, dass sie nun nach einem bestimmten Bohrkerntyp suchen sollten: einer, der eine genügend hohe Ablagerungsrate aufweisen sollte — das war bei Kernen aus den hohen Breiten der südlichen Hemisphäre der Fall — und der Schalen sowohl von Foraminiferen als auch von Radiolarien aufweisen sollte. Solch ein Bohrkern, soweit zumindest Hayes Überlegung, würde mehr Informationen in sich bergen als eine Probe aus der nördlichen Hemisphäre. Veränderungen in der Isotopenzusammensetzung der Foraminiferen-Schalen könnten ein Bild über den Verlauf der Eisdecken-Fluktuationen in der nördlichen Hemisphäre ergeben — denn nahezu die gesamte Expansion und Kontraktion, welche die Isotopenzusammensetzung der Ozeane beeinflusste, fand in der nördlichen Hemisphäre statt. Gleichzeitig sollten die Veränderungen in den Radiolarien-Populationen durch eine Multifaktorenanalyse untersucht werden und damit die Geschichte der Wassertemperaturen, die über der Bohrstelle herrschten, verraten. Indem er die beiden Signale verglich, — das der Isotopen und das der Radiolarien — hoffte Hays, eine Frage beantworten zu können, die erstmals von dem Geologen James Croll [19. Jahrhundert] aufgeworfen worden war: Finden klimatische Veränderungen in der südlichen und der nördlichen Hemisphäre gleichzeitig statt?
Im Januar 1973 lokalisierte Hays in der Lamont-Sammlung einen Bohrkern, der seinen Anforderungen zu entsprechen schien. Der Bohrkern RC11-120 stammte aus dem Indischen Ozean und war vor sechs Jahren von Geoffrey Dickson auf der Robert Conrad gehoben worden. Nachdem er die Radiolarien gezählt hatte und für die Isotopenanalyse Proben an Shackleton gesandt hatte, war Hays erfreut, zu erfahren, dass die Ablagerungsrate für seine Zwecke hoch genug war (drei Millimeter pro Jahrhundert). Als die Daten graphisch aufbereitet worden waren, war die Antwort auf Crolls Frage sofort sichtbar: Klimatische Veränderungen in der nördlichen Hemisphäre liefen im Wesentlichen zu denen der südlichen Hemisphäre synchron. Obgleich dieses Ergebnis wichtig genug war, um seine Anstrengungen zu rechtfertigen, war Hays enttäuscht, dass der Bohrkern nur etwa 300.000 Jahre zurückreichte, bis zur Basis der Stufe 9 im Isotopenschema von Emiliani. Um ausreichende Spektralanalysen zu erhalten, war jedoch ein Bohrkern nötig, der wenigstens bis zu 400.000 Jahre zurückreichte.
Als klar wurde, dass die Nadel, nach der Hays gesucht hatte, nicht in Lamonts Heuhaufen gefunden werden konnte, beschloss er, anderswo weiterzusuchen. Im Juli ging er an die Florida State University in Tallahassee, wo es eine umfassende Sammlung antarktischer Bohrkerne gab. Dort führte er seine Suche nach Bohrkernen fort, die in der Nähe der Stelle RC11-120 erbohrt worden waren. Bald stiess er auf mehrere Bohrproben, die im Jahre 1971 von Norman Watkins an Bord der Eltanin gesammelt worden waren. Mit der Hilfe zweier Doktoranden begann Hays, die Bohrkerne von Watkins zu öffnen. Später erinnerte er sich daran wie folgt: „Die Bohrkerne wurden kühl gelagert, und trotz unserer Parkas froren wir alle. Als aber der Bohrkern E49-18 geöffnet wurde, vergassen wir das. Ich wusste auf der Stelle, dass wir etwas Interessantes entdeckt hatten, da die Farb-Bänderung mit den Oszillationen in den Sauerstoffkurven Shackeltons in V23-238 übereinstimmte.“ Indem er die Bänderung auszählte, fand Hays, dass der Bohrkern sich bis zur Stufe 13 erstreckte — wodurch ihm ein Alter von 450.000 Jahren zugeordnet wurde. Endlich hatte er seine Nadel gefunden.
Die von Hays aus dem Handgelenk gefällte Analyse erwies sich als korrekt. Der Bohrkern E49-18 reichte in der Tat bis Stufe 13 zurück. Unglücklicherweise waren bei der Entnahme des Kernes die drei ersten Isotopenstufen verloren gegangen; aber nachdem jetzt die Isotopenstratigraphie verfügbar war, konnte diese aus dem naheliegenden Bohrloch RC11-120 angefügt werden. Zusammen enthielten diese zwei Bohrkerne einen dataillierten und ungestörten Klimabericht, der 450.000 Jahre zurückreichte — und ihre Sedimentationsrate war hoch genug, dass sogar Zyklen bis hinunter zu einem Zeitraum von "nur" 10.000 Jahren ablesbar geblieben waren.
Als die Radiolarien- und Isotopendaten graphisch dargestellt waren, waren Hays und Shackleton in Hochstimmung. Denn die Isotopenkurven des Indischen Ozeans stimmte mit dem allgemeinen Muster, das Emiliani durch eine Reihe anderer Bohrkerne für die Stufen 1 bis 13 aufgestellt hatte, überein. Aber jetzt wurden, so wie es Hays erwartet hatte, auch höhere Frequenzen als die 100.000-Jahr-Zyklen eindeutig sichtbar (Abb. 40). Da es ihm klar war, dass er nun eine Möglichkeit an der Hand hatte, Milankowitschs Theorien endgültig zu beweisen, bat er Imbrie darum, die Spektralanalysen durchzuführen.
Das erste Ziel bestand darin, genau herauszufinden, mit welchen Frequenzen die Neigungsveränderung und die Präzession in den vergangenen 450.000 Jahren stattgefunden hatten (Abb. 41). Diese Frequenzen und nicht die Frequenzen des Exzentrizitäts-Zyklus wären für den kommenden Test entscheidend — da sie allein unzweideutig nur durch Milankowitschs Theorie vorhergesagt worden waren. Imbrie wusste, dass Anandu D. Vernekar von der University of Maryland die astronomischen Kurven erst vor kurzem neu berechnet hatte, und Imbrie erhielt von ihm Kopien seiner Berechnungen. Nachdem er die Informationen von Vernekar statistisch aufgearbeitet hatte, fand Imbrie, dass die Neigungskurve, wie erwartet, einen einfachen Zyklus von 41.000 Jahren aufweist. Aber das Spektrum für die Präzessionskurve enthielt nicht einen, sondern zwei unterschiedliche Zyklen — einen längeren Präzessionszyklus mit 23.000 Jahren und einen kürzeren mit 19.000 Jahren. In Sorge, dass seine Berechnungen falsch sein könnten, legte Imbrie seine Ergebnisse dem belgischen Astronomen Andre Berger vor. Nachdem er die trigonometrischen Formeln überprüft hatte, von denen die Präzessionsberechnungen abgeleitet waren, verkündete Berger, dass der Doppelzyklus, den Imbrie gefunden hatte, kein statistischer Fehler war: Variationen des Sonne-Erde-Abstandes kommen tatsächlich in Zyklen von 23.000 und 19.000 Jahren vor.
Bergers Bestätigung setzte die Räder in Bewegung. Gemäss der erweiterten Version der astronomischen Theorie, die von Mesolella und Kukla entwickelt worden war, sollten klimatische Oszillationen in vier unterschiedlichen Zyklen auftreten: einem 100.000-Jahr-Zyklus entsprechend den Veränderungen in der Exzentrizität; einem 41.000-Jahr-Zyklus entsprechend der Variation in der Achsenneigung; und 23.000 und 19.000-Jahr-Zyklen entsprechend der Variation in der Präzession. Im Sommer 1974 führte Imbrie den lange erwarteten Test durch. Die Spektralanalyse zeigte, dass der dominante klimatische Pulsschlag, wie erwartet, ein 100.000-Jahr-Zyklus war, der sowohl auf dem Isotopen- als auch auf dem Radiolarienspektrum als ein grosser Peak erschien. Aber drei andere Peaks — kleiner aber nichtsdestoweniger erkennbar — erschienen ebenfalls in dem Spektrum (Abb. 42). Auf den Isotopenspektren waren diese Zyklen 43.000, 24.000 und 19.000 Jahre lang. Im Radiolarien-Temperatur-Spektrum betrugen sie 42.000, 23.000 und 20.000 Jahre.
Diese Ergebnisse waren genau das, was sich Imbrie und seine Kollegen erhofft hatten. Jeder der Zyklen, die in den Bohrproben aus dem Indischen Ozean erhalten worden waren, stimmte innerhalb von 5% mit den vorhergesagten Zyklen überein. Dass so eine Übereinstimmung allein durch Zufall auftreten sollte, war höchst unwahrscheinlich. Bald darauf erbrachte Nicklas G. Pisias zusätzliche Beweise, die die astronomische Theorie unterstützten. Indem er eine bessere spektrale Methode verwendete, fand er in dem Bohrkern V28-238 einen statistisch signifikanten 23.000-Jahres-Zyklus. CLIMAP-Wissenschaftler fühlten sich berechtigt, — als sie sahen, dass ihre Iotopenergebnisse aus dem pazifischen und indischen Ozean mit den entsprechenden Teilen der Isotopenkurve, die bereits aus anderen Ozeanen bekannt waren, übereinstimmten — daraus den Schluss zu ziehen, dass in der Tat die Abfolge der Eiszeiten im späten Pleistozän durch Veränderungen in der Exzentrizität, Präzession und Neigung der Erde ausgelöst wurde.
Wenn die astronomische Theorie korrekt sein sollte, so sollte es möglich sein, mehr als nur durch Spektralanalyse allein nachzuweisen, dass die astronomischen Frequenzen sich in den klimatischen Kurven widerspiegeln. Es sollte auch möglich sein, zu entdecken, wie schnell die Eispanzer auf jede Art der astronomischen Variation reagiert haben. Wenn zum Beispiel die Eispanzer sofort auf eine Veränderung in der Achsenneigung reagieren würden, dann sollten die Fluktuationen des 41.000-Jahres-Klimazyklus auch simultan mit den Variationen in der Neigung eingetreten sein. Wenn aber die Eispanzer langsam auf eine Veränderung in der Einstrahlung reagieren, was wahrscheinlicher ist, sollte der 41.000-Jahres-Klimazyklus regelmässig etwas hinter der Neigungskurve hinterherhinken.
Nachdem er herausgefunden hatte, dass es eine statistische Analyse namens Filteranalyse gab, mit der man die Frequenzkomponenten der 41.000 und 23.000-Jahres-Klimakurven getrennt voneinander untersuchen konnte, wandte er diese Methode auf seine Ergebnisse der Bohrkerne aus dem indischen Ozean an. Das Ergebnis zeigte klar, dass der 41.000-Jahr-Klimazyklus in der Tat hinter der Variation der Achsenneigung um etwa 8.000 Jahre zurückblieb. Überdies war dieser Zeitabstand regelmässig genug, um die Vermutung zu bestätigen, dass Variationen in der Neigung und der Präzession den Pulsschlag für klimatische Veränderungen vorgeben.
Nachdem sie nun überzeugt waren, dass die grösseren klimatischen Veränderungen durch astronomische Veränderungen verursacht wurden und dass die 41.000-Jahres- und die 23.000-Jahres-Klimazyklen systematisch hinter den Veränderungen in der Neigung und in der Präzession hinterherhinken, verkündeten Hays, Imbrie und Shackleton ihre Ergebnisse in einem Science-Artikel, der am 10. Dezember 1976 erschien: "Variations in the Earth's Orbit: Pacemaker of the Ice Ages."
Ein Jahrhundert nachdem Croll seine Theorie veröffentlicht hatte und 50 Jahre nachdem Milankowitsch seine Strahlungskurven an Koppen und Wegener geschickt hatte, bestätigten zwei Bohrkerne aus dem indischen Ozean die astronomische Theorie der Eiszeiten. Endlich hatten Geologen klare Beweise in der Hand, dass die Bewegung der Erde auf seiner Umlaufbahn um die Sonne die Abfolge der Eiszeiten im späten Pleistozän auslöste. Wie genau dieser Triggermechanismus funktionierte und warum der 100.000-Jahres-Zyklus der Exzentrizität der Erdumlaufbahn einen so starken Eindruck auf das Klima der letzten halben Million Jahre zu machen schien, war noch unbekannt. Aber im Moment reichte es aus zu wissen, dass Milutin Milankowitsch, ein Reisender durch ferne Welten und Zeiten, den Weg gebahnt hatte, der letztlich den grössten Teil des Eiszeitenrätsels lösen sollte.
Im März 1941 fasste Milankowitsch dies so zusammen, als er auf sein Leben zurückblickte, das er der Erforschung der Ursache für die Eiszeiten gewidmet hatte:
Diese Ursachen — die Veränderungen der Sonneneinstrahlung, die durch die gegenseitige Beeinflussung der Planeten zustande kommt — liegen weit jenseits des Horizonts der beschreibenden Naturwissenschaften. Es ist deswegen die Aufgabe der exakten Naturwissenschaften, dieses Schema zu umreissen, indem sie ihre Naturgesetze, die das Universum regieren, und ihre mathematischen Werkzeuge anwenden. Es bleibt jedoch den beschreibenden Naturwissenschaften überlassen, die Übereinstimmung zwischen diesen Schemata und den geologischen Befunden herzustellen.

Die spektrale oder Fourieranalyse, die verwendet wurde, um die Frequenzkomponenten in den Isotopenmessungen der Bohrkerne, der Radiolarien-Temperatur-Messungen und der Mathematik der Theorie von Milankowitsch zu erhalten, ist eine mathematische Methode, die alle Physik- und Elektroingenieurstudenten lernen. Die Methode wurde auf einen ziemlich einfachen Algorithmus reduziert, den man schnelle Fouriertransformation nennt und den man leicht auf einem einfachen Computer lösen kann. Die Methode ist wirklich einfach und direkt. Wenn sie richtig angewandt wird, kann man durch sie aus einem Signal auf objektive Art und Weise die korrekten Informationen über die Frequenzkomponenten erhalten. Die Technik lässt nicht mehr Spielraum für subjektive Bewertungen wie ein einfacher Algorithmus für eine Multiplikation und Division, wie wir ihn alle in der Schule gelernt haben. Der Punkt ist der, dass ein Geologe nur seine Daten in einen Computer einzugeben braucht, der auf Fourieranalysen programmiert ist und dann erhält er die entsprechenden Frequenzkomponenten.

Angewandt auf die vorhergehende Diskussion bedeutet dies, dass die Fourieranalyse zur Extraktion der Frequenzkomponenten herangezogen werden konnte, sobald die grundlegenden Messdaten vorlagen. Es gab keine subjektiv gefärbte Deutung bei der Bestimmung dieser Frequenzkomponenten. Die Frequenzen, die durch die Analyse gefunden wurden, steckten zweifelsfrei von vornherein in den Daten.

Es ist erstaunlich, dass die mathematische Theorie von Milankowitsch, die erstmals um 1920 herum veröffentlicht worden war, 50 Jahre später durch zwei unabhängige geologische Phänomene so genau bestätigt werden konnte. Die Theorie wurde später auf eine höchst ungewöhnliche Weise bestätigt: The Innocent Assassins beschreibt wie sich zweierlei Arten von Warven in Seen bilden — siehe Teil 14 dieses Essays. Das Buch beschreibt dann, was in ähnlichen prähistorischen Seen gefunden wurde 214.

Vernünftigerweise kann man annehmen, dass solche Seen auch in vergangener Zeit existiert haben müssen — sie sind zwar längst verschwunden, lassen aber fossile Seesedimente zurück, die vielleicht durch andere Decksedimente geschützt wurden und erhalten geblieben sind. Und das ist tatsächlich der Fall; ihre Anzahl ist in der Tat Legion, und wir können nur einige Beispiele herausgreifen. Beginnen wir mit einem Blick auf Seen, die während der Eiszeiten vorhanden waren, oder genauer gesagt, während der interglazialen Perioden — Zeiten, als das Klima so warm wie jetzt war. (Wir leben natürlich in einer weiteren solchen Zwischeneiszeit, von der der wärmste Teil schon lange hinter uns liegt und die, wie der Fluss Angerman und der See Valkiajarvi uns gelehrt haben, ungefähr 10.000 Jahre angedauert hat.)
Fossile Seesedimente desselben Typs — aber überlagert durch "kalte" Sedimente, die sich während der Eiszeit ablagerten — sind in verschiedenen Teilen der Erde bekannt. In Deutschland wurden die jährlichen Warven eines dieser Seesedimente gezählt und zur gleichen Zeit durch eine Analyse der fossilen Pflanzenpollen des Sediments gezeigt, dass sich die ganze Geschichte der Zwischeneiszeit hier ablesen liess. Die Geschichte beginnt mit einer Tundravegetation, zeigt die Einwanderung von Birke und Kiefer, kommt zu einem Höhepunkt mit Eichen und anderen breitblättrigen Harthölzern und kehrt dann stufenweise bis zur Tundra zurück. All dies spielte sich, wie durch den Quartär-Spezialisten, dem Geologen H. Müller, gezeigt wurde, innerhalb von 11.000 Jahren ab — einer Zeitspanne vergleichbar mit der gegenwärtigen Zwischeneiszeit.

Man vergleiche diese Abfolge mit der Abfolge, wie sie in den vorher beschriebenen Lössformationen in der Tschechoslowakei und Tadschikistan gefunden wurden.

Die Chronologie ist natürlich wiederum nicht verankert. Wir können auf dieser Grundlage nur sagen, dass dies eine beträchtliche Zeitspanne zurückliegt, denn es folgte darauf ein kalter Klimaabschnitt, der seinerseits der jetzigen Zwischeneiszeit Platz machte. Radiometrische Datierung deutet jedoch daraufhin, dass die Zwischeneiszeit vor ungefähr 120.000 stattfand.
Gestützt auf noch frühere Seeablagerungen in Deutschland und England wiesen ähnliche Studien auf eine Dauer von 16.000 bis weit über 20.000 Jahren hin. Und doch erscheinen alle diese Zwischeneiszeiten als relativ kurze Episoden in der langen Geschichte der Eiszeiten, die durch die Kälte der Eiszeiten dominiert wird.
Mit solchen schnellen Klimaveränderungen haben Seen eine relativ kurze Lebenserwartung, nur einige wenige Zehntausend Jahre — das heisst kurz, wenn wir die voreiszeitlichen Seen betrachten. Wir begeben uns dann zurück ins Tertiär, als Klimawechsel in der Regel viel langsamer, — wenn überhaupt, aber auf keinen Fall so extrem — zu verlaufen schienen. Und wir treffen auf Chronologien mit einer gänzlich anderen Zeitskala .... [In vielen prähistorischen Seen] beweisen die jährlichen Warven, dass sie Hunderttausende von Jahren existiert haben.
Und es gibt noch längere Sequenzen. Während des Eozän bildete sich in Nordamerika ein Seenbecken, das grosse Teile der jetzigen Staaten Colorado, Wyoming, und Utah bedeckte. Das Gebiet war vorher durch ostwärts fliessende Flüsse durchquert worden, aber in Verbindung mit der Anhebung der Rocky Mountains hatte sich im Osten eine Barriere gebildet. Daraus entstand Fossil Lake, der grösser und grösser wurde und schliesslich ein Gebiet von etwa 25.000 Quadratkilometer umfasste und eine Tiefe von bis zu 100 Metern aufwies. Er war demnach etwa halb so gross wie der Eriesee und doppelt so gross wie der Grosse Salzsee [in Utah].
Ausgehend von den Sedimenten, die unterhalb der Sedimente des Fossil Lake liegen, kommt man zu der Erkenntnis, dass der See während ungefähr einem Drittel des Eozäns existierte. Die Sedimente am Seengrund zeigen eine feine Laminierung mit alternativ leichten, kalkreichen und dunklen Banden, die eine grosse Menge organischer Materie enthalten. Es gibt auch eine reiche Fossilflora und -fauna (speziell Fische und Insekten). Die Flora weist auf ein subtropisches Klima mit zwei jährlichen Regenzeiten hin, und wenn die Warven auf dieser Grundlage gedeutet werden (zwei dunkle Banden pro Jahr), kann man erkennen, dass die ganzen Sedimentschichten während einer Zeitperiode von 6.5 Millionen Jahren gebildet wurden.
Gemäss der radiometrischen Datierung begann das Eozän ungefähr vor etwa 55 Millionen Jahren und endete vor ungefähr 35 Millionen Jahren. Im ganzen dauerte das Eozän also ungefähr 20 Millionen Jahre. Ein Drittel davon ist 6.7 Millionen Jahre, oder nahezu die Anzahl der Jahre, die man durch Auszählung der Schlammablagerungen auf dem Grund des Fossil Lake gefunden hat. Die Übereinstimmung ist nahezu zu gut um wahr zu sein, aber sie stimmt. Die radiometrische Datierung wird durch die auf die jährliche Warven gegründete Chronologie unterstützt.
Die längste zusammenhängende Abfolge an Warven, auf die ich bei einer weit sytematischeren Suche gestossen bin, kommt aus dem östlichen Teil Nordamerikas und umfasst etwa 40 Millionen Jahre. Sie geht auf das späte Trias und den frühen Jura zurück und besitzt somit ein Alter von etwa 220 - 180 Millionen Jahren vor der Gegenwart. Meine Quelle ist Paul E. Olsen.
Die Geographie der Erde am Beginn des Trias war der heutigen völlig unähnlich. Alle Kontinente waren damals in einem einzigen Superkontinent vereinigt, der Pangäa ("alles Land") benannt wurde. Dann schlug die Geburtsstunde des Atlantiks: ein grosser Graben begann sich in nordöstlich-südwestlicher Richtung zu bilden. Sein heutiges Gegenstück ist der Grabenbruch in Ostafrika, der Beginn eines zukünfigen Ozeans an dieser Stelle. Das Bruchtal des Trias, eine Kette von wenigstens dreizehn länglichen Bassins, erstreckte sich von Neuschottland bis Nord-Carolina . In den Bassins lagerten sich sehr feinkörnige Seesedimente mit dünnen, jährlichen Schichten ab (und bildeten dabei die sogenannten Newark Supergroup), insgesamt etwa 40 Millionen. Teile des Grabenbruchs sind heute vom Meer bedeckt, aber der südliche Teil ist trocken, wie es auch bei Teilen weiter nördlich der Fall ist.
Durch die Sedimente sind Aufzeichnungen über Klimaveränderungen erhalten geblieben, insbesondere ein Wechsel zwischen trockenen Perioden, als der Wasserstand niedrig war, und Zeiten mit hohen Niederschlägen und hohem Wasserstand. Während der letzteren sind die Warven im allgemeinen sehr dünn und enthalten Austrockungsrisse, und es gibt zahlreiche Fussabdrücke von Reptilien, die in machen Fällen so perfekt erhalten geblieben sind, dass man die Schuppen auf den Fusssohlen zählen kann. Bei hohem Wasserstand fehlen die Risse, und die Sedimente enthalten eine grosse Menge organischer Stoffe, speziell Überbleibsel von Fischen.
Wie heute sind diese Klimaveränderungen zyklisch: sie haben eine Tendenz, sich in regelmässigen Abständen zu wiederholen. Ihre Periode ist jedoch kompliziert, da sie eine Kombination aus verschiedenen Zyklen darstellen, die sich in ihrer Länge unterscheiden. (Jeder Zyklus stellt eine Folge von Niedrig- Hoch- und wiederum Niedrigwasser dar.) Die wichtigsten Perioden sind ungefähr 25.000, 44.000, 100.000 und 400.000 Jahre lang. Dies sind Zahlen, die einem Geochronologen ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Sie haben mit Veränderungen in der Rotation der Erde um die Sonne zu tun,

(klingt das vertraut?)

die von astronomischen Berechnungen bekannt sind und von denen erwiesen ist, dass sie auch die klimatischen Veränderungen während der Eiszeiten angetrieben haben — d. h. etwa während der letzten beiden Millionen Jahre der Erdgeschichte. Die Analyse der Sedimente aus der Newark Supergroup beweist also, dass die gleichen Faktoren das Klima bereits seit 200 Millionen Jahren beeinflussen.
Und demnach wird die geologische Zeitskala, die ursprünglich radiometrisch erstellt wurde, durch zwei weitere und völlig unabhängige Methoden bekräftigt: durch das Studium der jährlichen Warven und durch astronomische Beobachtungen.

Ich denke, dass die obigen Beschreibungen — über die Bestätigung der Theorie Milankowitschs und ihre Verbindung zu prähistorischen Sedimentschichten in Seen — eindeutige Beweise dafür liefern, dass die Eiszeiten wirkliche Begebenheiten waren. Die Beweislast, dass das nicht der Fall war und dass die Sintflut all die beobachtbaren Hinweise hervorgebracht hat, liegt nun bei demjenigen, der mit dieser Schlussfolgerung nicht einverstanden ist.

Im folgenden Abschnitt lege ich noch mehr Beweise für die Eiszeiten vor. Falls der Leser in der Lage ist, aufzuzeigen, dass es sich dabei nur um Stützen zugunsten der Sintflut handelt, so würde ich mich gerne damit auseinandersetzen.


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Fussnoten:

195  ibid, S. 61-62. [zurück]
196  Windsor Chorlton, op cit, S. 106-107. [zurück]
197  John Imbrie, et al, op cit, S. 113. [zurück]
198  ibid, S. 120-121. [zurück]
199  Windsor Chorlton, op cit, S. 129. [zurück]
200  Windsor Chorlton, op cit, S. 131. [zurück]
201  John Imbrie, et al, op cit, S. 139. [zurück]
202  ibid, S. 139. [zurück]
203  Windsor Chorlton, op cit, S. 132-141. [zurück]
204  ibid, S. 132. [zurück]
205  Thomas F. Goreau, Nora I. Goreau and Thomas J. Goreau, "Corals and Coral Reefs," Scientific American, S. 133, New York, August 1979. [zurück]
206  John Imbrie, et al, op cit, S. 153-154. [zurück]
207  Richard S. Davis, Vadim A Ranov and Andrey E. Dodonov, "Early Man in Soviet Central Asia," Scientific American, S. 130, New York, December 1980. [zurück]
208  John Imbrie, et al, op cit, S. 156-158. [zurück]
209  ibid, S. 158. [zurück]
210  ibid, S. 159. [zurück]
211  John Imbrie, et al, op cit, S. 164. [zurück]
212  ibid, S. 158-159. [zurück]
213  ibid, S. 167-173. [zurück]
213a  Spektralanalyse ist eine mathematische Technik, die auch als Fourieranalyse bekannt ist und die ein Signal in ihre einzelnen Frequenzen zerlegt. Die Technik wird von Physikern und Elektrotechnikern standardmässig angewandt. Sie wird extensiv bei signalverarbeitenden Prozessen, wie z. B. beim Radar, angewandt. [zurück]
214  Bjorn Kurten, The Innocent Assassins, S. 88-94, Columbia University Press, New York, 1991. [zurück]

 


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